Finale Ligure

Kletterzentrum an der italienischen Riviera.

Finale ist ein besonderer und magischer Ort: wild, rau, landschaftlich einfach außergewöhnlich. Die weißen Kalkfelsen, die aus der dichten und sehr grünen Vegetation ragen, sind einmalig im ganzen westlichen Ligurien. Finale ist ein Ort zum Entdecken, der auch nach über dreißig Jahren Erschließungsgeschichte Kletterern, Wanderern, Mountainbikern und allen, die ebenfalls gerne in diese Täler kommen, genügend Spielraum für Neuentdeckungen bietet. (Marco Tomassini)

Seit Jahrzehnten schon pilgern Kletterer aus aller Herren Länder nach Finale, einem der bekanntesten Ganzjahresklettergebiete Europas. 20 Jahre lagen zwischen unserem ersten Besuch und einem halben Klettertag, den wir „auf der Durchreise“ hier verbracht haben, unglaublich viel hat sich in der Zwischenzeit getan, schon im Folgejahr sollten wir wiederkommen. Allein der vergleichende Blick auf die Führerliteratur von damals und heute spricht Bände: Brachte es der verhältnismäßig magere Lochner-Kletterführer von 1992 gerade einmal auf gut 100 Seiten, wirkt die jüngste Ausgabe (s. Literatur) mit seinen 800 Seiten fast schon unhandlich - dabei sind die umgebenden Gebiete darin keineswegs enthalten, dafür gibt es weitere stattliche Bände ...
Bei der Reihung unserer Fotos halten wir uns also an die Gliederung des Tomassini-Führers.
Die Arene Candide kratzen lediglich den äußersten Südwesten des weitläufigen Gebietes. Kurzer Zustieg, außergewöhnliche Felsstrukturen und hervorragende Aussicht auf Küste und Meer - schon hat man Finale ins Herz geschlossen. Den Wellen noch näher ist man am Capo Noli, dem anderen Ende von Finale, wo man sich teilweise von den Leitplanken der exponierten Küstenstraße zu den Einstiegen über dem Wasserspiegel ablässt. Die Mehrzahl der anderen Gebiete liegen in, besser gesagt über den landeinwärts ziehenden Tälern, oft in Sichtweite sehenswerter mittelalterlicher Städtchen (wie etwa Finalborgo) oder der malerischen Bergdörfer des Hinterlandes. Oft braucht es für den Zustieg nur wenige Minuten, durch längere Anmarschwege (kaum jemals mehr als eine halbe Stunde, etwa die Sektoren hoch über dem Valle Pora, dem Valle di Rian Cornei oder auf dem entlegenen Altopiano delle Mànie) ist trotz der Bekanntheit von Finale häufig sogar an schönen Wochenenden Ruhe und Beschaulichkeit gewährleistet.
Monate-, nein, jahrelanges Klettervergnügen für jeden Geschmack: von der extra für Kinder eingebohrten Kurzroute bis zur alpin anmutenden 12- Seillängen-Tour im Valle Aquila; von bequemer, plaisirmäßiger Absicherung über ausnahmslos selbst abzusichernde Tradrouten (an den historisch bedeutsamsten Gebieten wie Rocca di Perti oder Monte Cucco) - und natürlich jede erdenkliche Schattierung dazwischen, an neu sanierten Klassikern mit weiteren Hakenabständen oder noch nicht sanierten Routen mit wahrem Abenteuercharakter für ganz spezielle Gemütszustände. Dass Tradrouten nicht immer gleichbedeutend sind mit risikofreudiger Todesverachtung, das beweist etwa die wundervolle 6-SL-Familientour aus dem Jahr 1928 über die Nordkante der Rocca di Perti: Im oberen Teil der Via dello Spigolo haben wir Ronja, erstmals behangen mit Schlingen und Friends, vorausgeschickt - ein prägendes Erlebnis an einer Felsstruktur, die zum Selbstabsichern geradezu einlädt.
Alltäglich macht man bei seinen Kletterstreifzügen landschaftliche Entdeckungen, die auch eingefleischten Wanderern das Herz höherschlagen lassen, wie die fantastische Grotta dell'Edera an der Rocca Carpanea, die Tre Frati ums Eck überm Valle Aquila oder der versteckte Canyon mit erstaunlichem Felsfenster oben am Monte Cucco. Viele der einsamen, aussichtsreichen Felsgipfel über den Kletterwänden sind ins gut ausgebaute und beschilderte Wanderwegenetz eingebunden, welches in konfliktfreier Eintracht manchmal auch von Mountainbikern genutzt wird.
Die Erschließung dieses gewaltigen Gebietes ist auch nach Jahrzehnten noch nicht annähernd abgeschlossen, bei unserem letzten Aufenthalt haben wir durch Zufall wieder zwei brandneue Sektoren aufgespürt, die auch im jüngsten Führer noch nicht aufscheinen - wie in Finale üblich in bezaubernder Lage und mit bestem Fels.

Übersichtdie Klettergebiete rund um Finaleder alte Steinbruch Cava di Rio Fine im Gebiet Arene Candide gleich oberhalb von Borgio Verezzi ist in fünf Minuten Fußmarsch erreichbar; in den nächsten Stockwerken warten fünf weitere SektorenUlli in der Brandler 6a; die Cava ist mit nur 10 kurzen Routen ein eher kleiner, aber feiner Sektorbesonders auffallend die wunderschönen Felsstrukturen, ...... welche von Tour zu Tour wechselndie Cava di Rio Fine ist mit engen Hakenabständen für Kinder eingerichtet der Blick hinunter zur nahen Küste ist bezaubernd; rechts oben geht sich heute noch ein weiterer Sektor aus - die Falesia delle Cento Cordeda sind wir schon; Tiefblick vom Zustieg auf Borgio Verezzi und die weiteren Küstenstädtchen in Richtung französische Grenzevier Sektoren mit zwei Dutzend bis zu 20 m hohen Plattenrouten gibt's zurzeit an der Falesia; Ulli unterwegs an den tollen Löchern von I Marguapapa' 5aeine weitere Überraschung hier oben 250 m über dem Meer: eine eingerichtete Kletterhöhle, ...... der Pozzo di Cento Corde, den Ronja unbedingt probieren mussBlick von Norden (von der Chiesa dei 5 campanili) auf Finalborgo, dem Kletterbrennpunkt von Finale - fast alle Gebiete im Umkreis lassen sich von hier aus schnell erreichendie Porta Testa, eines der vier Stadttore der mittelalterlichen Stadt Finalborgonur zwei Kilometer vom Meer entfernt merkt man an der Piazza Garibaldi in Finalborgo nicht viel vom Riviera-Rummel - das bezaubernde Städtchen mit seinen vielen Restaurants und Sportgeschäften ist fest in der Hand von Kletterern, Wanderern und Bikernallein an der geschichtsträchtigen Rocca di Perti gleich nördlich von Finalborgo warten über 20 Klettergärten; hier die schattige Versante Nord mit 40 Routen bis zu 6 Seillängen; rechts die Nordkante „Via dello Spigolo“ (s. eigener Bericht), ...... eine tolle Familien-Mehrseillängentour, welche komplett selbst abzusichern istGipfelblick von der Rocca di Perti gegen Süden aufs Valle Pora; in den westseitigen Wandabstürzen eine nicht enden wollende Reihe von KlettergärtenBlick gegen NO zum nächsten Gebiet: die Rocca Carpanea mit an die 30 Klettergärtenbeim Abstieg kommt man bei der kleinen Durchgangshöhle Grottino del Bric della Croce vorbei, ...... natürlich auch hier ein netter Sektor mit 15 Routen bis 7a+; Ulli in La Chiave di Horst 5b, ganz rechts zwei neue leichte 2-SL-Tourendie Südseite der Rocca Carpanea aus dem Valle Aquila; rechts an der grünen San-Antonino-Kuppe der Sektor Terzo livello und die brandneu eingebohrte Wand „F. Kaimano“, in der Mitte  der Bric Scimarco, links anschließend (verdeckt) die legendäre Grotta dell'Edera und ein gutes Dutzend weiterer Klettergärtenfür den Terzo livello wurde ein neuer Zustiegsklettersteig geschaffen - drei Schritte weiter geht es an einer Reihe von Eisenklampfen die senkrechte Wand hinabunten links ums Eck dann wieder eine Überraschung: die schöne, noch einsame Wand, welche die „dritte Ebene“ nach Norden fortsetzt (beschriftet mit „F. Kaimano“), wurde aufwändig von der Vegetation befreit und mit 26 neuen Routen versehen; Ulli in der Nummer 14am aussichtsreichen Südkamm (Blick gegen NO auf Bric Pianarella und Monte Cucco) gelangt man schnell hinauf ...... zur halb verfallenen frühromanischen Kapelle Sant'Antoninodas kleine Gotteshaus thront seit gut 1000 Jahren über dem Valle Aquilagleich dahinter die nächste Traumwand: Bric Scimarco - an die 80 meist gut eingerichtete Routen, nur im rechten Teil noch etwas älteres, weiter gesetztes Hakenmaterial; der Pilastro del re, 6a (ganz rechts) etwa ...... ist ein tolles Abenteuer an einer klassischen Linie ...... mit schönem Blick auf die benachbarten Tre Frati, die allerdings schon zum Klettergebiet Valle Aquila gehörenauf der Westseite der Rocca Carpanea liegt zu Beginn einer endlosen Reihe von eingerichteten Felswänden ein Höhepunkt von Finale: die atemberaubende Grotta dell'Edera, eine zylindrische, oben offene Grotte mit 15 Routen von 6b bis 8a+wir wechseln zu einem anderen weltberühmten Massiv: am Monte Cucco 12 westseitige Sektoren mit unzähligen Routen für jeden Geschmackspeziell für Kinder und Einsteiger: der Sektor Primi e secondi passi (9 Routen 3c - 5c) am Fuß des „Turms“Settore Centrale: La Pulce, 5c - sehr klassisch, sehr abgespeckt, wem es gar zu glatt ist, der weicht links in die Via di Lì, 6a+ ausSettore Machetto am südlichen Ende der Wandflucht: Hartman, 6b - kein weiterer Kommentar erforderlichganz versteckt oben am Hochflächenrand trennt ein malerischer Canyon eine gigantische Schuppe samt riesigem Felsfenster von der Hauptwand ab; beidseitig existieren etwa 40 verlockende Routen, ...... hier ein Detail aus Il mago, 5c; allerdings ist das Hakenmaterial in den allermeisten Routen weder zeitgemäß noch sicher, besser die Sanierung abwartenam Gipfelgrat des Monte Cucco zeugen noch etliche Museumsstücke von den heldenhaften Taten alter Alpinhasen wie den Brüdern Vaccari; links unten Feglinoam Nordrand der Abbrüche in Richtung Costa/Orco steht dieser Felsturm mit Madonna; rechts dahinter, im Scheitel des rechten Winkels, der Eingang zum brandneuen, intimen Sektor „La Taverna“ mit bislang 6 leichteren Linien (kürzester Zustieg vom Parkplatz Casermone auf Wanderweg über eine felsige Rampe)das Valle di Rian Cornei bildet das landschaftliche Bindeglied zum noch weiter östlich gelegenen Altopiano delle Mànie: Die tief eingekerbten Täler wandeln sich langsam zur grünen Hochebene, durchsetzt von unzähligen Felsstrukturen - allein auf diesem Abschnitt finden sich etwa 50 eingerichtete Klettergärtendie Trattoria „La Grotta“ ist Ausgangspunkt für die Klettergärten auf dem Altopiano delle Mànie; neben drei kleineren Hardcore-Sektoren (Museo dell'Uomo, Monolocale und Mesa Verde) mit Routen bis 8c ...... kann man sich in einer halben Stunde ein tief im Dschungel verstecktes Juwel für Normalsterbliche erwandern: die Falesia della Gazellabislang 14 Routen von 5b bis 6c auf rauem Fels, gestaltet im Dezember 2016, in absoluter Ruhe; Ronja versucht sich auf der Banana, 6b+vom Altopiano ist es nicht weit hinunter an die Küste nach Noli, einem geschichtsträchtigen Städtchen mit bestens erhaltenem mittelalterlichen Ortskern; gleich hinterm Kap und direkt überm Wasser der östlichste Klettersektor von Finale Ligure - nur wenige Kilometer am Meer entlang und wir sind wieder am Ausgangspunkt unserer Klettersafari
(Aktualisierung 10.2019)

Literatur: Tomassini: Finale climbing. Klettergärten und lange Routen. Mailand: Versante Sud 2017.

Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.

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