Kreuzkofel, 2694 m
„Alpine Route“ auf einen der zehn höchsten Unholden.
Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Leisach im Drautal, Osttirol. Aufstieg 1800-2200 Hm.
P Klammbrückl, 1104 m, Auffahrt von der Leisacher Brücke ssw. von Lienz auf dem 3 km langen „Stadtweg“ (von der Stadt Lienz schon 1888 zum Fahrweg ausgebaut, heute asphaltiert, offen von Mai bis Oktober); oder (400 Hm mehr) P Goggkreuz am sw. Ortsende von Lienz/Amlach - Kerschbaumertal - Klapffall - Wanderweg oder Klettersteig „Verborgene Welt“ zum Kerschbaumeralm-Schutzhaus - Hallebachtörl - Kühbodentörl - Nordanstieg (ehem. „Renner“, Einstiegspfeiler versichert A/B) Kreuzkofel - Kühbodentörl - Hallebachtal - Mitterkopf Jagdhütte - Kerschbaumertal - P.
Der Kreuzkofel, von Lienz aus vollständig verdeckt vom dominanten Spitzkofel, kommt mit seiner breiten Ostwand erst oberhalb der Kerschbaumeralm so richtig zur Geltung. Das gewaltige, eigenständige Massiv mit seinen weitreichenden Graten wurde von den ersten Erschließern lange für die höchste Erhebung der Lienzer Dolomiten gehalten. Gesittete Bergwanderer werden sich an diesem Koloss schwertun, den dezenten Hinweis „Alpine Route“ am Klettersteig-Zustiegsschild jenseits des Kühbodentörls darf man getrost ernst nehmen. Die Warnung ist gar nicht für die kurze Klettersteigetappe über den Einstiegspfeiler gleich zu Beginn gedacht - die macht Spaß und bringt im Vergleich zur früher üblichen Parallelrinne (links daneben) sogar eine Verbesserung. Langwierig wird es erst darüber, wo man die weitläufige Flanke des Gipfeldachs leicht ansteigend über mehrere „Hangschartl“ hinüber zum höchsten Punkt queren muss. Dabei festigt sich nach und nach der erste Eindruck - dass nämlich der Berg bei jeder Begehung an Höhe einbüßen muss. Es ist so gut wie unmöglich, die (gottlob) markierten Steigspuren sauber zu begehen, manchmal setzen hier selbst Steinböcke alter Schule unfreiwillig ganze Schuttströme in Bewegung. Die alte Anstiegsbezeichnung „Renner“ soll also nicht vorgaukeln, dass man auf diesem Gipfelweg einfach so in Bestzeit drüber rennt, die alten Jäger meinten lediglich, dass hier oben die Gämsen herumrennen, und die sind halt für solch ein archaisches Gelände besser geeicht.
Trotz allem ist und bleibt der Kreuzkofel ein Prachtberg, schon am Zustieg mit dem tollen Klettersteig Verborgene Welt und der guten Küche im Kerschbaumeralm-Schutzhaus; vom Ausblick am Gipfel ganz zu schweigen. Dass er unter den Stars der Lienzer Dolomiten eher sehr selten besucht wird, macht ihn für viele umso attraktiver.
Literatur: Peterka/End: Alpenvereinsführer Lienzer Dolomiten. München: Rother 1984. Vergriffener Klassiker, manchmal noch antiquarisch zu bekommen.