Großer Grießstein, 2337 m. Rechte Nordwand
Urweltliche Spurensuche überm Eberlsee.
Triebener Tauern, Triebental, Steiermark. Aufstieg knapp 1300 Hm.
P3 (Seyfried) im Triebental (gut 10 km sö. von Trieben; auf der B114 zwischen Trieben und Hohentauern Abzweigung beim Wh. Brodjäger) - vom P die Asphaltstraße ca. 800 m talein zu kleiner Kapelle - ausgeschilderte Forststraße und bez. Steig zum Eberlsee - ab hier weglos nahe dem Westufer schräg ansteigend durch Urwald, über einen Bachlauf und kurz durch Latschen ins Eberlkar - am linken Rand der schrofigen Aufschwünge empor, vorbei an Schneeresten und einer Schlucht zu jenem horizontalen, spitz zulaufenden Felsriegel, der von rechts am weitesten ins Geröllfeld hereinragt - direkt an der Spitze beginnt ein Bänder-, Rampen- und Rinnensystem, welches man immer am Fuß der Nordwände entlang (nie in die tiefe Schlucht unterhalb absteigen!) hinauf zum obersten Nordgrat verfolgt - mark. Wanderweg zum Gipfel. Abstieg übers Triebener Törl zum P.
Seit der alte Jagdsteig hinauf zum verwunschenen Eberlsee markiert wurde, hat dieses türkise Auge im Schatten der Grießstein-Nordwände etwas von seiner Einsamkeit, nichts aber von seinem romantischen Reiz eingebüßt. Seit einem halben Jahrhundert juckt es Erich schon, einen passablen Weg vom See direkt hinauf zum Gipfel zu suchen. Jetzt ist Ronja auf dem Triebentallager der Steirischen Alpenvereinsjugend - die Gelegenheit ist günstig für weglose Erkundungen.
Im Holl-Führer finden sich neben dem tausendfach begangenen Normalweg zwei Einträge für die Nordwand, welche nicht ganz leicht zu verifizieren sind: eine Nordwand, I, sehr brüchig, nicht lohnend, 300 m, und ein Nordpfeiler, Holl und Gallhuber 1975, III und II, teilweise brüchig. Unsere Linie schwindelt sich relativ geradlinig und in angenehmer Steigung hinauf zum obersten Nordgrat. Theoretisch könnte sie in Bezug auf Wegverlauf und Schwierigkeit mit der ersteren Route ident sein (je nachdem, welche Schlucht gemeint ist!?); wohl bewegt man sich öfter mal auf grobblockigem Geröll, brüchig ist sie aber nicht.
Die Eintrittskarte für dieses - gar nicht so abartige - Schrofenabenteuer muss man sich gleich zu Beginn verdienen, über den westlichen Gestaden des Eberlsees: Urweltliche Vegetation, bestenfalls hin und wieder halbverwachsene Wildfährten, nach der Querung eines Wasserlaufs noch im Wald über Gras hinauf, oben wird's dann flacher, kurz durch ein paar Latschen und schon öffnet sich das freie Eberlkar. Immer in gerader Linie aufs Gipfelkreuz zu, erreichen wir relativ schnell den vorkragenden Felsspitz (s. Foto), hier beginnt ein schönes Rasenband. Bei jedem scheinbaren Hindernis ergibt sich ein neuer Durchschlupf. Vor dem größten Sporn am Rand der Riesenschlucht links die Geröllrinne hinaus (falls man sie verpassen sollte, wird man ohnehin zurückgeschickt) und dann immer gerade die Rampen und Mulden hinaus auf den Grat.
Recht gut (und von der Ferne weitaus transparenter in der Wegführung) schaut auch die grasige Rinne vom Eberlsee gerade hinauf zum Nordostgrat aus, den man hinter einem Vorgipfel auf 2200 m erreichen würde, s. Bild 6.
Literatur: Holl: Alpenvereinsführer Niedere Tauern. München: Bergverlag Rother.