Spitzenstein, 2265 m

Winterlicher Klettersteig (A/B) über Osttiroler Gail- und Drautal.

Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Kartitscher Sattel, Osttiroler Gailtal. Aufstieg 800-1000 Hm.

P im Bereich Prünsterhof (B 111 gut 1,5 km östl. des Kartitscher Sattel, ca. 15 km von Sillian) – Eben – Forststraße bzw. Steig Wilde-Wiesen-Sattel, 2041 m – Huiterbodenspitze, 2099 m – Huiterbodensattel, 2063 m – W-Kamm Schluichtegge, 2227 m – Abstieg N-Kamm Folmasaihöhe, 2113 m – Klettersteig SO-Flanke/O-Grat Spitzenstein. Etwas kürzerer Zustieg s. Karte.

ÜbersichtKarte; auf der gepunkteten Route (Umgehung der Gipfel) können Eilige 200 Hm einsparendie vorwitzige Nase des Spitzenstein und seine Trabanten bei trübem Wetter aus Nordwest (Spielbichl) ...... und bei strahlendem Sonnenschein aus SSW (Öfenspitze); im Hintergrund Villgratner Berge und Schobergruppe

So ein langer Zustieg für 400 m Klettersteig? – Eine Frage, die im Zeitalter der digitalen Effizienz wohl öfter hochkommen mag. Die bislang im Internet angeführten Routen mit oder ohne Aufstiegshilfe scheinen beim ersten Hinsehen vielleicht etwas unverhältnismäßig. Unser Aufstieg von der Gailtal-Bundesstraße ist jedoch wirklich keine Zumutung, auch wenn wir uns aufgrund der Schneelage nicht durch mögliche Abkürzer gewühlt, sondern uns an die windgepressteren Kämme gehalten haben. Außerdem befinden wir uns am Huiterbodensattel (s. Steckbrief) sozusagen auf historischem Boden: Der älteste Übergang in den Lienzer Dolomiten wurde – schriftlich bezeugt - bereits vor mindestens 1000 Jahren benutzt; damals sagte man dazu „übers Bergl gehn“.
Der freistehende Felsklotz selbst war lange Zeit für die meisten bergbegeisterten Einheimischen eine Art Pflicht-Zitterpartie: Wer etwas auf sich hielt, sollte wohl einmal oben gewesen sein, die Abfolge steiler, bröckeliger und ausgesetzter Passagen an diesem fotogenen Zapfen wurde jedoch von den Wenigsten angstfrei gemeistert. Im vergriffenen AV-Führer von Hubert Peterka steht zu lesen: Alpin sehr schön, wenig besucht.
Seit Errichtung des Klettersteigs muss sich nun niemand mehr fürchten. Allein die umfassende Aussicht nach allen Himmelsrichtungen lässt einen länger verweilen als geplant. Abenteuerlustigen Neugierdsnasen stellen sich dank ungewohnter Einblicke in dieses relativ entlegene Eck der Lienzer Dolomiten darüber hinaus noch weitere Fragen:
Ob sich der verzwickte Zustieg ins Abarautloch für den ausgesetzten Nordwestgrat der Alpelspitze (II) wohl auszahlt? Oder:
Hat sich mit Tourenschi schon jemand in die Schluck gewagt, dem wilden Hochkessel an der Breitenstein-Nordwestseite – laut einem kompetenten Gebietskenner praktisch unzugänglich?

am Kartitscher Sattel fallen die ersten Sonnenstrahlen auf Kinigat und Öfenspitze überm Schöntalunterhalb des Wilde-Wiese-Sattels zwischen Dorfberg und P. 2099 (Huiterbodenspitze) macht uns der Schnee noch keine MüheRückblick zum Karnischen Hauptkammauf der Kammhöhe erscheinen über der Ortschaft Anras die Villgratner Berge zwischen den Zwillingen Gumriaul Gölbner und dem Bockstein; in Bildmitte der flache Finsterkofel, den wir letzte Woche bei ähnlichen Verhältnissen erklommen haben, davor der gewaltige Schatten unseres Spitzensteinvon der Huiterbodenspitze geht es kurz hinunter in den gleichnamigen Sattel - dem nachweislich ältesten Übergang in den Lienzer Dolomiten - und gleich wieder hinauf auf die Schluichtegge, ...... weil die schattseitige Direktquerung hinüber zur Folmasaihöhe am Fuß des Spitzenstein ohne Schneeschuhe noch mühsamer wäre als die KammlinienBlick von der Schluichtegge, dem Vorgipfel des Pfannegg, gegen Nordwest: von rechts nach links Salvadorspitze, Golzentipp, Alplspitze und Breitensteinder Abstieg - Ulli weit voraus - auf die Folmasaihöhe ist wieder eine verhältnismäßig leichte Übunghier geben wir einem 19-köpfigen Gamsrudel Zeit zum gemütlichen Passieren und werfen einen Blick auf den Gipfelanstieg: die weiße Spur nach rechts endet an einer versteckten Eisschlucht, darüber die deutliche Rasenrampe zum Ostgrat, dem wir bis auf den Gipfel folgen werdenRückblick auf den soeben begangenen Kamm von der Schluichtegge; gleich hinter der ersten Felsnase ...... öffnet sich die schattige Schlucht ...... mit dem Einstieg zum Klettersteigder Klemmblock zu Beginn ...... wird auf einer Reihe Eisenklampfen überwundenEisschmetterling an der rechten Schluchtwandnach der Sprossenreihe zurück in die eiserfüllte Schlucht, ...... welcher man nur wenige Meter folgt, ...... um bald darauf rechts in die vereiste Wand hinauszuquerenBlick aus der Schlucht auf Alplspitze und Golzentipp, dahinter das Obertilliacher Schigebietder Klettersteig ist nur mit A/B bewertet, bei den herrschenden Verhältnissen beruhigt das Klettersteigset aber die Nervennach kurzer Zeit ist der Spuk ohnehin vorbei und die Sonne hat uns wiederauch die Grasrampe oberhalb der Schlucht ist komplett apererst oben am Ostgrat wird's wieder winterlichErich beim Ausbuddeln der FixseileBlick über die Folmasaialm auf das wilde Abarautloch zwischen Breitenstein und Alplspitzegleich links daneben zwischen den beiden Graten die „Schluck“, welche in schneereichen Wintern verführerisch auf die Pustertaler Höhenstraße hinüberblinzelt; über den linken Kamm verläuft der alte Marwiesensteig auf den Schluckenriegel (s. Archiv), die schwer zugängliche Schluck selbst verspricht ein heftiges Schitourenabenteuer und auch über den schneidigen Westgrat des Breitenstein (diagonal durch die Bildmitte) ist uns nichts bekanntUlli am Gipfelgrat, ...... das Kreuz steht nicht am höchsten Punkt, sondern drüben am Nordgipfelder Ausblick umfassend: von Dorfberg und Drautal bis weit in die Dolomitenunser Rückweg vor dem Karnischen Hauptkammim Osten noch einmal die zentralen Lienzer Dolomiten
(29.11.2023)

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