Letterspitze (Campanile Letter), 2463 m
Schitourenabenteuer ohne Schi.
Karnischer Hauptkamm, Forni Avoltri, Friaul, Italien. Aufstieg 1400 Hm.
P Deganotal auf ca. 1080 m, vor dem Marmorsteinbruch, 3 km nördl. v. Forni Avoltri - Forststraße durch die Fleonsschlucht - gleich dahinter rechts Forstweg zur Untere Sissanishütte - nö. auf einen gratartigen Sporn - Mulden östl. an der Casera di Creta Verde (Steinwandalm) vorbei auf kleines Plateau - zwei übereinander liegende Kare in den Passo dell' Agnello (Staatsgrenze) - W-Flanke/obere S-Flanke auf die Letterspitze.
Eigentlich sind wir zum Schitourengehen in die Südalpen gefahren, dort gelten andere Regeln als im Norden - heuer sind wir bereits Ende Februar schon zu spät dran. Sogar von den nordseitigen Steilrinnen der Cime di Sappada lugt der Schotter runter. Vom Monte Chiadin haben wir den besten Blick auf die letzte Hoffnung - die fantastische Schluchtmulde des Monte Avanza: auch hier das gleiche Bild. Der Avanza ist eine der Spitzentouren in den Karniern, und wenn er sich heute schon nicht gut selbst verkaufen kann, so weist er uns zumindest den geheimen Weg ins Reich des verborgenen Schnees: Beim Haus Pierabech bleibt unser Blick an einem lang gezogenen Kar weit hinten im Tal kleben, eingebettet in steile, dunkle Felswände, südseitig und trotzdem schneeerfüllt!
Dennoch liegen die Schi diesmal wieder im Auto; die halbe Tour wollten sie durchs lange Deganotal und durch die Fleonsschlucht getragen werden. Zu Beginn ein Wegweiser: Maria Luggau 5,5 Stunden - Erinnerungen an die Seitenäste des Lesachtales werden wach, siehe dazu den Bericht über Schönjöchl und Frohntal.
Nach 700 Höhenmetern am Zustieg und bald ebenso vielen - außerordentlich konditionsfördernden - im knietiefen Schnee der oberen Kare ist der wechtengekrönte Passo del Agnello zwischen Steinwand (Creta Verde) und Letterspitze erkämpft. Hier oben auf der Schneide des Karnischen Hauptkamms verdüstert sich das Ambiente, schlagartig ist wieder Hochwinter: Sausteil saust nach Norden der Schneeschlauch in Richtung Obergailer Joch hinunter, der verbleibende Aufstieg zum Kreuz scheint auch nicht von schlechten Eltern - nicht umsonst die italienische Namensgebung Campanile. Angefrorene Wandstücke im 2. Grad, die Drahtseilpassage begraben in einem Eisfeld. Am Gipfel beruhigt sich der Puls angesichts des Panoramas keinesfalls, da schau - im Gipfelbuch seit Oktober kein Eintrag mehr. Beim langsamen Abklettern volle Konzentration, jeden einzelnen Tritt vor der Belastung im Kopf zu hundert Prozent abspeichern.
Zum Schluss das Belohnungszuckerl: Hunderte Höhenmeter entspanntes Poporutschen hinein in den Frühling. Ein Wahnsinnstag, ein Wahnsinnsberg, mit oder ohne Schi.
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Friaul - Klettergärten