Pizzo Monaco, 225 m. Westkante „Pace di chiostro“, 5+

Felskerze am Südrand des Tyrrhenischen Meeres.

Sizilianische Nordwestküste, Zingaro-Naturpark, San Vito lo Capo, Italien. Zustieg 30 Hm + 7 Seillängen (180 Hm, 270 Klettermeter).
P unterm Nordwandfuß (auf der Umfahrungsstraße vor San Vito in Richtung Zingaro-Naturpark) – in wenigen Minuten am Rande der ummauerten Hausgärten (Müll) hinauf zum Einstieg – W-Kante auf den Pizzo – Abseilen über die SO-Wand (1x60 m oder 50 m und den Rest abklettern, II) – Steigspuren südlich um die Kante herum und zum P.

ÜbersichtKartePizzo Monaco von Südwesten; links unsere Kante, Abstieg durch Abseilen in die Scharte, Rückweg im Bogen durchs Kar zurück zum Einstieg

Der legendäre Bergsteiger und Autor Alessandro Gogna aus Genua holte sich – neben 500 weiteren Erstbegehungen und zahllosen spektakulären Aktionen in den Dolomiten und Westalpen - vor genau 40 Jahren die Erstbegehung dieser Kante (im selben Jahr übrigens die Erstersteigung der berühmten Guglia di Goloritzé auf Sardinien). Diese tolle, wirklich lohnende Linie hoch über dem Sandstrand von San Vito lo Capo erinnert an diverse feine Dolomitenklettereien. Erstklassiger Fels, luftiges Ambiente und die fantastische Umgebung lassen schnell vergessen, dass man sich lediglich an einem Vorzacken des doppelt so hohen Monte Monaco bewegt. Die Stände sind gebohrt, eine willkommene Lasche findet sich auch an der Schlüsselstelle (besser direkt über die Platte und nicht links im Riss), man stößt nur auf wenige Normalhaken, mobile Absicherung ist jedoch kein Problem. Am Ende des Flachstücks der 6. Seillänge weisen rote Punkte unübersehbar rechts hinunter zu einer Abseilstelle in der Südwand, die vielleicht nach einem der mittlerweile acht Nordwandanstiege oder bei Starkwind von Vorteil ist – wir haben sie nicht probiert. Im Normalfall will man natürlich auf den exponierten Gipfel, wo man die monumentale, supersteile Nordwand des Monte Monaco (bislang 16 Routen von 6b+ aufwärts) zum Greifen nahe hat.
Das Runterkommen von unserer Zinne ist dann noch ein herrlicher Abschluss des Abenteuers: Man kraxelt den Grat gegen SO kaum absturzgefährdet ein Stück hinunter bis zum Kettenstand rechts an der Ecke. Wir kommen gerade vom Schiefen Turm in Pisa, diese Abseilstelle übertrifft dessen Höhe sogar noch um 5 m - 60 m bis ins Kar. Vorsicht bei Wind! Verblasene, dünne Doppelseile verhängen sich besonders gern an den unzähligen scharfen Felsköpfen und -noppen; wir haben über eine kreative Stunde in die Seilbergung investiert.
Über die Suche („San Vito lo Capo“) bekommt ihr übrigens eine Auflistung aller möglichen Bergabenteuer in diesem schon nordafrikanisch anmutenden Gebiet zwischen Monte Monaco und Monte Còfano.

kurzer Zustieg zum Pizzo Monaco; durch seine Nordwand verlaufen zurzeit 8 Routen, doppelt soviele in der benachbarten, ernsteren Nordwand des Monte Monaco; wir folgen der rechten Kante zum Gipfel und seilen an der Rückseite in die Scharte abUlli am Einstieg der Westkante; die Vegetation ist nie störend, im oberen Teil unterstreicht sie lediglich die fast exotische Umgebungdie Felsqualität lässt keine Wünsche offen, bei Bedarf können fast überall mobile Sicherungsmittel platziert werden; Erich hat beinahe ...... den 1. Stand erreicht (wenige Meter weiter oben gibt es einen neueren Datums)in der 2. SL immer an der Kante empor, bis eine braune Steilrampe leicht links zur Schlüsselstelle leitetfast widerspenstiger als die Schlüsselstelle: der kurze „athletische Riss“ zu Beginn der 3. SLnach einem kurzen Gratstück ...... steilt die 4. SL wieder gehörig auf; das Gestein wechselt in munterer Folge, bleibt aber immer vorzüglichUlli erreicht den 4. Stand am „Kakteenband“; ständiger Blick aufs gemütliche San Vito lo Capo, hinter der Landzunge nach links erstreckt sich kilometerweit der fantastische Klettergarten ums Camp El Bahirain der 5. SL ist man (rechts außerhalb des Bildes) versucht, einer verlockenden weißen Rampe in die Südwand hinaus zu folgen, was unweigerlich in anspruchsvolleres Gelände führt; schräg links in Richtung Palme hingegen beschränken sich die Schwierigkeiten auf den oberen 4. Gradoberhalb der Palme über eine kurze Stufe ...... auf das Flachstück der 6. SL (meist Gehgelände); die letzte Länge zum Gipfel kann man dann eigentlich auch seilfrei gehenin der letzten Seillänge - gut gestuft, der kurze, nach links geneigte Riss (IV-) hält auch nicht mehr aufGipfelblick auf San Vito ...... und zum Monte Monaco; dessen Nordwestkante („Corsa d'autunno“, V+) beginnt in der Scharte zwischen den Gipfeln und ist nicht eingerichtetdie Nordostspitze der Zingaro-Halbinsel in Richtung Palermo; wir klettern etwa 30 m seilfrei in diese Richtung den Grat hinab ...... und erreichen einen tadellosen Kettenstand, ...... der uns in einem Stück die 60 m in die Scharte hinabsausen lässtmanchmal jedoch treibt der Wind sein abgefeimtes Spiel, man beachte die Seilreste früherer Kletterseglerdie folgenden Aufnahmen geben Einblick in die Trickkiste des Äolus: elegant hebt er den elendlangen Seilschwanz, ...... und schon verklemmen sich die dünnen Dinger an einer kleinen Felsnoppezwar bekommt Ulli die beiden Stränge frei, beim Abziehen schafft's der Hl. Blasius jedoch erneut, ein Seil mittels Würgeschlinge an just demselben Köpfl ziemlich stabil zu verankerndie gefinkelte Bergung hat uns eine gute Stunde gekostetaus der Scharte geht es im Bogen durchs Kar hinunter zurück zum Einstieg
(22.10.2021)

Literatur: Oelze/Röker: Sicily-Rock, sport climbing in San Vito lo Capo, Castelluzzo und Custonaci; deutsch-englisch-italienisch. Immenstadt: Gebro-Verlag, 7. Auflage 2020, ISBN 978-3-938680-40-7.
Cappuccio/Gallo: Di roccia di sole. Klettern auf Sizilien; deutsch. Mailand: Edizioni Versante Sud 2012, Neuauflage in Vorbereitung.
Goedeke: Winterfluchten. Klettern in Südeuropa – 185 Mehrseillängenrouten. München: Bergverlag Rother Selection, 2011.

Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.

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