Niederer Prijakt, 3056 m, Westgrat, 4 - Hoher Prijakt, 3064 m

Die vielleicht schönste Kletterei in der Schobergruppe.

Schobergruppe, Lienz, Osttirol. Aufstieg 1500 Hm, davon 400 Hm der Grat, etwa ein Dutzend selbst abzusichender SL.
P Hochschoberhütte, Leibnitzbachbrücke, 1656 m, Auffahrt von Ainet im Iseltal über Oberleibnig und die Fercherhöfe, knapp 20 km nw. von Lienz - Eduard-Jordan-Weg - Leibnitzalm - Hochschoberhütte - Nasensteig (Abkürzung vom Hüttenzustieg ab ca. 2070m direkt sö. gut 300 Hm weglos durchs Kar hinauf möglich) - Nasenscharte - W-Grat Niederer Prijakt - Ü (Klettersteig A/B) Hoher Prijakt - O-Flanke in die Westl. Barreneckscharte - Hochschoberhütte - P.

ÜbersichtKartedie beiden Prijakte vom Hüttenzustieg (Leibnitzalm)unsere beiden Gipfel von der Hochschoberhütte; rechts die Nase, dann die Nasenscharte mit dem Einstieg ...... zur Himmelsleiter des Westgratesim obersten Gratbereich

Der steile Westgrat (manche bezeichnen ihn als „Kante“) auf den Niederen Prijakt gehört mit Sicherheit zu den schönsten hochalpinen Klettereien Österreichs. Immer häufiger klagen Hüttenwirte und einheimische Bergführer über zunehmende Instabilität der Grate und Flanken in den Hochalpen. Klimawandel hin oder her - unser Traumgrat ist bislang von den Auswirkungen der Erderwärmung weitgehend verschont geblieben. Meist ideales Urgestein, wenig Geröll oder gutmütige Schrofen. Die 4er-Stellen (in Trekkingschuhen gehörig, einfacher mit Kletterpatschen) verteilen sich auf die untersten 3 Seillängen, auch weiter oben immer wieder tolle, ausgesetzte 3er-Passagen in perfektem Fels, besonders schön wieder die beiden Ausstiegslängen. Die Tour ist problemlos mit größeren Keilen und Friends 1 - 3 abzusichern; genügend Absätze für einladende Standplätze, in den einzigen vorhandenen, geschlagenen Zwischenhaken möchte niemand gern fallen. Im Zweifelsfall hält man sich immer an der rechten, südlichen Gratseite - mit einer Ausnahme: ganz hoch oben durch einen klammartigen Spalt hinüber auf die Nordseite. Trotz all des Lobs: Aufgrund der Länge und Entlegenheit darf man kein Klettergartenambiente erwarten. Ständig umgibt uns ein Hauch von Abenteuer - aber genau das suchen wir ja auf solchen Bergen.

Den Einstieg erreichen wir von SW (Nasensteig) über ein Blockkar und eine verdeckte, etwas erdige Schrofenrinne. 1. SL leicht links der Kante, dann direkt.
2. SL: gleich links die Platte empor spreitzen (IV), dann ausgesetzter Quergang nach rechts (Riesenhenkel), danach schöne Platte mit Riss.
3. SL: erst links der Kante gegen den großen Turm, bald aber wieder Quergang rechts zu kleinem Winkel; in der Platte darüber der weit herausstehende ZH. Rechts herum (IV) durch die rampenartige Verschneidung entlang der steilen Turmwand hinauf auf den jetzt flacheren Blockgrat.
Am kurzen Seil bis unter zwei parallele Rinnen, die linke (längere, rötlich und nicht bis ans Ende einzusehen) leitet direkt auf ein geräumiges Dach.
Die wilden Türme an der Basis rechts umgehen, dann hinauf auf Gratabsatz.
Rechts auf breitem Grünstreifen an der Wand entlang, dann harmlose begrünte Absätze hinauf.
Nach einer zuletzt etwas brüchigen Rinne folgt rechts der Eingang zu klammartigem Spalt; vorteilhafter Stand im Inneren.
Vorletzte SL: jenseits (nördlich) hinaus und hinauf zu kurzem Hangelquergang, daran in die Scharte mit den Felstürmchen und ausgesetzt direkt über sie hinweg. Der folgende knietiefe, schräge Spalt durch die herrliche Platte endet an einer bizarren Felszunge, die vorzüglichen Stand bietet.
Letzte SL: über gestufte Platten in traumhaftem Fels an die Kante und direkt bis vors Gipfelkreuz.

Der Übergang zum Hohen Prijakt ist mittlerweile markiert und klettersteigmäßig eingerichtet. Vorsicht: Gleich jenseits der Scharte hat sich ein Riesenblock samt Verankerung gelöst!

in aller Früh bekommen wir auf der Leibnitzalm die Prijakte erstmals zu Gesichtdie Prijakt-Nordwände; der Niedere erscheint von hier höheram Beginn des Nasensteigs, links die Hütte, in Bildmitte der Hochschober, 3240 mwir überschreiten beide Prijakte von West nach Ost200 Hm unterhalb der Mirschachscharte verlassen wir den Nasensteig, ...... durchqueren das Geröllkar nach links hinten ...... und schummeln uns durch eine verdeckte, etwas erdige Schrofenrinne ...... hinauf ins Einstiegsschartl; Blick nach NNO auf Hochschober und Glödisvom Kantenfuß überblickt man die ersten drei Seillängen bis hinter den auffallenden Turmvon Anfang an perfektes Urgestein; die Gratkante unterhalb des 1. Standesgleich hinterm 1. Stand (gegen Hochschober) die erste Schlüsselpassage: eine griffarme Platte, die sich aber leichter als gedacht spreitzend überlisten lässtdas Seil ist noch lang genug und so bringen wir in der 2. Länge noch diesen wunderschönen Riss unter; die 3. SL (mit der zweiten Schlüsselstelle) führt schließlich rechts des hellen Turmabbruchs ...... auf seine Höhe und damit zum Beginn eines flacheren Blockgratsam kurzen Seil gelangen wir über ein paar Stufen ...... und durch eine rötliche Rinne mit schönem Fels ...... auf ein begrüntes Dach mit aufgesetzten Türmendie wilden Türme umgeht man rechts, es folgt eine Reihe von Rinnen und Absätzen rechts der GratabbrücheUlli ist mittels einer Hangelleiste aus der schmalen Schattenwand (rechts) in die Scharte gelangt und überklettert soeben das zweite Schartentürmchen; weiter unten haben wir in einer horizontalen Kluft die gesamte Basis des massigen Turmes „durchquert“ und sind in die erwähnte Schattenwand ausgestiegengleich oberhalb der Scharte ein perfekter Plattenspalt, ...... den Ulli soeben genussreich überwindet; Blick „durchs“ Defereggental bis zum Hochgallder „Zungenstand“ (leuchtende Bandschlinge) zu Beginn der langen ...... letzten Seillänge - ideale Plattenstufen und eine supergriffige AusstiegskanteUlli schiebt sich aus der Kante ...... und hat nur mehr wenige Schritte bis zum Kreuzbeim Gipfelkreuz am Niederen PrijaktGipfelpanorama beginnend im SO; über die Sattelköpfe verläuft der Klettersteig auf die Schleinitz (s. Archiv Bergsteigen)im SSW gestaffelt Iseltal, Hochsteinkamm, Drautal, Lienzer Dolomiten, Karnischer Hauptkamm und Dolomitenim SW die Villgratner Berge (Deferegger Alpen)im W Rieserferner- und Venedigergruppetief unter uns die Hochschoberhütteim N die Schoberprominenz bis zum Großglocknerwir wenden uns nach O, dem um nur 8 m höheren Bruder zumittlerweile klettersteigmäßig abgesichert ...... die Scharte zwischen beiden Gipfelnmit wenigen Schritten landen wir ...... auf dem Hohen Prijakt; Rückblick auf den Westgrat, der aus diesem Blickwinkel endlich die Bezeichnung „Kante“ verdientGipfelblick gegen NW (Venediger)das winzige Gipfelkreuz am Hohen PrijaktAbstieg an der Ostseite in Richtung Barrensee; das kühne Horn in Bildmitte der Glödis (s. Archiv Bergsteigen)hoch über dem See queren wir zurück auf die Nordseite ...... und erreichen wenig später die Hochschoberhütte am NassfeldEnde Mai 1983 fiel die alte Hütte einer bis heute ungeklärten Brandursache im Winterraum zum Opfer, bereits 1 Monat später stand 10 m neben der wertlosen Ruine ein holzgezimmertes Biwak für 8 - 10 Personen. Die neue Hütte wurde im Sommer 1986 eröffnet
(14.08.2016)

Literatur: Mair: Alpenvereinsführer Schobergruppe. München: Rother 1979 (vergriffen).
Zlöbl: Die Dreitausender Osttirols. Lienz-Tristach: Zloebl 2007.

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