Rotgschirr - Damokles, 7+ (6 A0), 300 Hm

10 Seillängen, 400 Klettermeter, Einfachseil, 9 Express, Friend 2!!
Allgemeine Infos und Zustieg siehe Rotgschirr-Übersicht.

Topo (pdf 1,58 Mb)

ACHTUNG! 2016 hat sich im Damokles ein Teil des Buchstand-Daches gelöst, das frische gelbe Auge ist vom Sepp-Huber-Steig deutlich zu erkennen. Zwar bewegt sich die Dimension nur im einstelligen Meterbereich und ist nicht mit dem Bergsturz in der Dachl Nordwand Ende Mai 2016 zu vergleichen. Durch den Felssturz wurden aber immerhin einige BH in Mitleidenschaft gezogen, die genauen Auswirkungen sind in der detaillierten Beschreibung unten nachzulesen. Die Route ist zwar nach wie vor begehbar, jedoch kann - wie überall im Hochgebirge -  nachfolgender Steinschlag nicht ausgeschlossen werden. Das Wandbuch blieb wie durch ein Wunder erhalten - wir haben es geborgen und die Einträge in die Bilderfolge aufgenommen. Weitere Aspiranten sind gut beraten, zumindest die reinigenden Sommergewitter abzuwarten - die Launen der Natur sind nicht vorhersehbar. -
Nach Mitteilung einer bayrischen Seilschaft Ende Juli 2018 sind sowohl Damokles als auch die darunterliegenden Wasserspiele wieder einwandfrei zu begehen.
Im Juni 2023 erreicht uns die aktuelle Mitteilung über eine Wasserspiele/Damokles-Begehung vom Oberösterreicher Manuel Farthofer. In jüngster Zeit ist bei einem neuerlichen Felssturz im Ausstiegsbereich offenbar das gewaltige Schwert des Damokles abgebrochen. Die detaillierte Beschreibung über die daraus resultierenden Veränderungen findet ihr in Manuels Originalbericht am Ende unseres Artikels.
Ab wann und ob überhaupt die Route wieder relativ gefahrlos zu klettern sein wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen!

Damokles hat uns mehr als alle anderen Touren gezeigt, auf welch nachhaltige Art uns Berge in die Schule nehmen, und wie sehr gerade das Klettern uns dazu anregt, die eigenen Grenzen immer wieder vor uns herzuschieben. Im August 2001 sind wir erstmals oben auf dem Schwert gestanden. Allein der Tiefblick - die Wand unter uns war zu steil, um viel sehen zu können - beunruhigte uns dermaßen („Was machen wir mit der Tour?“), dass wir das Projekt, die zwingend logische Fortführung der Wasserspiele, vorübergehend sogar auf Eis legten - mit der Ausrede, wir hätten ja im Poseidon noch alle Hände voll zu tun. Und der Tanzboden wartet ja auch noch. Und eigentlich wollen wir nicht nur wie die Esel massenweise Gepäck im Gebirg herumschleppen, sondern auch wieder einmal richtig klettern. Aber schon am nächsten Tag sind wir wieder bereit, eine neue Runde einzuläuten.

Damokles ist jetzt - geht man ein, zwei Stellen A0 - eher leichter geworden als Poseidon. Nachdem sich 2007 der schneidige Grieche nur mit Mühe überlisten ließ (kann ja jeder sagen, dass es nass war), haben wir noch einmal tief ins Sackl gegriffen und enger eingebohrt. Wir wollten ja diese Wahnsinnsverschneidungen in zehn Jahren auch noch gehen können. Bei den Bohrhaken handelt es sich - entgegen einem Forum-Posting - keineswegs um „Sigi-Bolts“. Sie stammen vielmehr aus den Händen von Josef Gstöttenmayr, einem bedeutenden Erschließer aus dem Ennstal, der sich nicht nur im Gesäuse und am Dachstein einen Namen gemacht hat, sondern darüber hinaus vom Peloponnes bis Sizilien Hunderte großartige Kletterrouten geschaffen hat. Die Bolts wurden sogar von Pit Schubert, dem Sicherheitspapst des DAV, höchstpersönlich in Sepps Werkstätte strenger Prüfung unterzogen.

Routenverläufe von Damokles und PoseidonEinstieg Damokles

1. SL: Kompakte Platten, steile Rampe, kurze Querung rechts. Darüber gleich die erste Schlüsselstelle, problemlos A0 zu bewältigen.

2. SL: Schräg links über die Platten, nach knapp 20 m in eingekerbter Rampe (Friend 2 brauchbar) schräg rechts zu Stand - hier zurzeit nur 1 STH! Unterm Rampenbeginn glänzt rechts drüben in der Verschneidung ein BH - wer es schwieriger haben will, kann ihn für eine Variante nutzen.

3. SL: Zwei Schritte nach links und über den kleinen Überhang den BH folgen.

4. SL: Ästhetisch genussreiche Verschneidungsreihe am Obelisk, wie eine Leihgabe aus dem Poseidon. Der 3. ZH wurde durch den Felssturz 2016 völlig zerstört, kann aber mittels Friend Gr. 2 einen Meter oberhalb ersetzt werden.

5. SL: Eine flachere Platte als zahmes Vorspiel zu den beiden folgenden Akten: steile, knifflige Wasserfraßwand auf schmale Leiste; zwei Schritte links, den nächsten BH bekommt man überm linken Rand des Überhanges, und schon ist man in der zweiten Schlüsselstelle, einer glatten Platte mit (leider noch) nicht sehr ausgeprägter Wasserrille. Auch hier kann man sich gut A0 helfen. Der nächsten Barriere rechts ausweichen, Vorsicht an der durch den Steinschlag bröselig gewordenen Ecke, weiter im Zickzack zum Stand in schönem Erker.

6. SL: Rechts aus dem Tobel hinaus und schnurgerade hinauf, BH in isolierter Platte, zurzeit vermehrte Gesteinsauflage. Die einzigen (gutmütigen) Schrofen der Tour. Vom ehemals malerischen Buchstandwinkel (hier fand der Felsausbruch statt, einer der beiden STH ist verbogen, kann aber noch gefädelt werden) Promenade (jetzt grobe Gesteinsbrocken) nach links zur weit über hundert Meter hohen, sensationellen oberen Verschneidungsreihe, die besondere Freuden verschenkt.

7. SL: Kurze Riesentreppe in den Verschneidungsgrund, wunderschön und problemlos zum „kalten Stand“ (an gewachsenem Hals, eisiger Luftzug aus dem Berginneren, 55-m-Länge!).

8. SL: Wenige Meter überm Stand oft nasser Fleck, der wegen des rauen Gesteins nicht sonderlich stört. Ebenso schön wie die vorangegangene SL (zweiseitige Piazschuppen), durchwegs etwas schwieriger. Beim 8. BH kurzer, kniffliger Linksquergang, gleich darüber Stand auf kleinem Absatz. Unerwarteter Blick auf die Elmgrube und den Dachstein.

9. SL: Kurze Rillenplatte, wenige Meter Rampe rechts, wieder links durch kurze Verschneidung zu Stand. Die geschlossenen Plattenfluchten lösen sich auf.

10. SL: Unterm Schwert 2 m ansteigen und rechts auf schmalem Band leicht absteigend (BH) in einen Winkel (etwas umständlich, Vorsicht auf Seilreibung, der direkte Ausstieg links des Schwerts wird von labyrinthischen Karrenschächten erschwert). Steile Blockverschneidung mit Überhang zum Plateaurand, rechts dahinter Steinquader mit Markierung.
Nach dem Abbruch des Schwerts 2023 und der damit einhergehenden Verwüstung scheint ein Ausstieg schräg nach links sicherer als der Originalausstieg.
Wer nicht mehr zum Gipfel will, folgt rechts den roten Punkten über den Riesendachfirst aufs Plateau hinunter.

1. SL, Erich in der 1. Schlüsselstelle4. SL, Obelisk-Verschneidungwenige Meter weiter hat der Felssturz 2016 einen Zwischenhaken völlig zerstörtansonsten ist die Route weitgehend verschont geblieben; Erich in der Schlüsselpassage der 5. SLUlli am Buchstand im Juli 2007 ...... und im Juli 2016 - das Dach ist deutlich höher gewordenzwar haben die Gesteinsmassen „dem Whiskeyfass den Boden ausgeschlagen“, dennoch hat es wie durch ein Wunder überlebt; der linke Standhaken hat weniger Glück gehabtin memoriam Wandbuch: Seite 1Wandbuch Seite 2Wandbuch Seite 3Wandbuch Seite 4; immerhin im Schnitt eine Seilschaft pro JahrDamokles und Poseidon - Routenverläufe; am ehemaligen Buchstand seit 2016 ein gelbes Augeobere Verschneidungsreihe, 7. SLTiefblick in die 7. SLUlli in der 8. SL, am Ende der 100 m hohen Traumverschneidungam 9. Stand unter dem Schwert des Damoklesdas Schwert von oben - vor seinem Absturzbei einem Felssturz ist 2023 das Schwert abgebrochen und hat den Ausstiegsbereich schwer verwüstet, ...... sodass Manuel Farthofer mit seinem Seilpartner sicherheitshalber nach links ausgestiegen istUlli noch am Originalausstieg, darunter NW-PfeilerkopfAbstieg, Riesendachfirst gegen Elmgrube

Mitte Februar 2008 hat uns ein Mail aus dem Almtal erreicht: Herbert Hackl und Hans Drack sind die Linie schon in den 90ern geklettert - sie schlugen drei Haken und verwendeten ansonsten Friends und Keile zur Sicherung. Zweite Begehung durch Herbert Hackl und Didi Auinger. Wir gratulieren den Erstbegehern, die sich darüber freuen, dass die Route jetzt mit Bohrhaken eingerichtet ist. Unserer Freude tut es auch keinen Abbruch; wir haben bei der Arbeit im Damokles keinerlei Spuren vorgefunden und die Erlebnisse auf unserer „Nachlese“ waren sicher ähnlich aufregend wie die von Herbert, Hansi und Didi. Sie haben uns ein paar Fotos und das damals angefertigte Topo versprochen, die wir nach Erhalt gerne in die Seite aufnehmen werden. Wir sind sicher, dass die Röll immer wieder so manche Überraschung bereithalten wird ...
(2008)

Nachfolgend der versprochene Bericht von Manuel Farthofer, der ein deutliches Bild über den Zustand der Route im Juni 2023 zeichnet:

Hallo Erich & Ulli,

nach dem Schlossgespenst inklusive direktem Nordgrat durch die Schermberg Nordwand im letzten Sommer war es gestern soweit und wir konnten mit der Rotgschirr NW-Wand eine nicht minder imposante Wand auf einer (nein gleich zwei) von euren Routen durchsteigen. Hier eine kurze Geschichte mit ein paar für euch sicher nützlichen Details zum derzeitigen Zustand der Routen.

Nachdem wir aufgrund von akuter Nässe nicht in den NW-Pfeiler eingestiegen sind, ging es erstmals die Wasserspiele bis zum Einstieg der oberen Routen, um die Entscheidung in den Einstieg einer ernsthafteren Route zu vertagen. Auch nass (eher ein Bachlauf, kein Wunder bei dem Regen am Vortag sowie andauernder Schneeschmelze), aber die Umgebung entschädigt, traumhaft schöne Linie durch wahrlich einzigartige Strukturen! Mehr Probleme als die Nässe machte aber der allgegenwärtige „Sandüberzug“ der Felsen, woher der nur kommen mag?...

Das Schuttband am Ausstieg der Wasserspiele gleicht einer Sandkiste, wo man bis über die Knöchel versinkt. Wir denken uns nicht viel dabei und kraxeln zum Einstieg der Damokles, auch pitschenass. Wir beraten uns kurz und beschließen dann doch einzusteigen, wir können uns ja wieder abseilen im Notfall. Gesagt, getan und siehe da, die Nässe bereitet weniger Probleme als gedacht und wir kommen zügig voran. Die Wand ist dann deutlich steiler als von unten zuerst angenommen und wir freuen uns über die langen, anhaltenden Seillängen. Bis zum Buchstand hat uns die lange Verschneidung beim angelehnten Obelisken am besten gefallen, den vom Ausbruch 2016 abgeschlagenen BH kann man bestens mobil ersetzen. Das Routenbuch, auf das wir uns schon gefreut hätten, ist leider weg, siehe Bild (Link unten). Nun wird’s ernst und es wartet nur noch die 100m Verschneidung. In der ersten Hälfte der ersten gewaltigen 50m Seillänge freuen wir uns über die herrliche klassische Kletterei. Der zweiten Hälfte bis zum Beginn der nächsten Verschneidungslänge haben weitere Ausbrüche stark zugesetzt, 3 Haken sind komplett zerstört bzw. umgeschlagen, einer lässt sich gerade noch so klippen. Mobil Absichern geht aber einwandfrei, insgesamt immer noch eine schöne Länge, wenn auch sehr sandig und brüchig gegen Ende. Die zweite 50m Verschneidungslänge ist der absolute Hammer trotz triefender Nässe und alle Haken sind intakt!

Jetzt zum großen Aber der Tour. Leider ist der Hang unterhalb des Schwertes gerade im Begriff sich aufzulösen, die vorletzte SL habe ich geduckt im Stand (übrigens sehr gut platziert) verbracht um mich vor dem Steinhagel zu schützen den der Vorsteiger unweigerlich auslöst. Bis zum letzten Stand kommt man mit viel sandiger Wühlerei noch durch, die Originalversion der letzten SL ist unserer Meinung nach nicht mehr möglich, viel zu gefährlich. Wir sind nach links ausgewichen. Beim Anblick der Felsmassen über der Route hat es uns dann den Magen umgedreht…

Eine wirklich tolle Linie die ihr da erschlossen habt aber aufgrund der vielen Ausbrüche im oberen Bereich leider mittlerweile sehr gefährlich, die Steinmassen können wohl jederzeit über die Route runter donnern ☹ Die Bilder zeigen die aktuelle Lage am Ausstieg (Sorry für die schlechte Bildqualität und dem Finger im Bild aber mehr Fotos haben wir nicht gemacht), in punktiert ungefähr unsere Ausstiegsvariante.

 Also in Kurz: Sehr tolle Route in der wildesten Szenerie weit und breit. Bis auf SL 9 (gut ducken am Stand) alles gut kletterbar, die abgeschlagenen Haken sind alle problemlos mobil zu ersetzen ABER der Geröllhaufen über dem Ausstieg ist absolut furchteinflößend!

Alles in allem ein sehr gelungener Tag in der für mich imposantesten Region vom ganzen Toten Gebirge, trotz der ganzen Nässe und der bröseligen Überraschung oben. Ich hoffe ihr könnt mit den Infos was anfangen und ich langweile euch nicht mit dieser jetzt doch schon längeren Geschichte.

Unglaublich, was ihr da im Almtal geschaffen habt! Ich kann mir nicht einmal im Ansatz vorstellen, wie viel Arbeit hinter dem sehr gelungenen, gefühlvollen Erschließen all dieser Routen steckt, Hut ab. Da könnt ihr echt stolz drauf sein!

LG Manuel

PS: Wir freuen uns schon auf die Begehung vom Odysseus bzw. NW-Pfeiler wenns mal passt (und nicht am Vortag geregnet hat) ????

Literatur: Jentzsch: Genußklettern Österreich Mitte. Bad Häring: Alpinverlag.

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