Geißstein, 974 m - Kieneck, 1106 m – Hocheck, 1037 m
Waldabenteuer zwischen Triesting und Piesting.
Gutensteiner Alpen, Furth, Niederösterreich. Aufstieg 800-1600 Hm.
P Furth, 6 km wsw. von Weissenbach an der Triesting - Amöd – Geißsteiner – Himmelsreith – Atzsattel (oder ab Geißsteiner: Ostgrat Geißstein – Abstieg Westgrat (weglos) oder Südflanke (unbez. Steig) – Schindelbodengrat – Atzsattel) – bez. Weg (oder Ninegrat) Geißruck – Ü Almeskogel – Ü Kieneck (mit Enzianhütte) – Ü Reingupf – Ü Hocheck (mit Schutzhaus) – Abstieg SO-Flanke Furth. Zwischendurch mehrere Abstiegsmöglichkeiten in den Staff- bzw. Furthergraben, drei davon markiert.
Gleich hinter der Triesting erheben sich die Gutensteiner Alpen als zweite Gebirgsgruppe auf dem langen Weg von Wien zu den Drei- und Viertausendern. Sie legen im Vergleich zum meist sanften Wienerwald gleich einen Zahn zu: Am Hocheck wird erstmals die 1000-Meter-Marke überschritten. Das ausgedehnte Waldgebirge ist mit seinen schwer überschaubaren, labyrinthischen Gräben und weit verzweigten Kammlinien reich gegliedert. Auf ebendiesen Waldkämmen kann man auf stunden- und tagelangen Wanderungen Höhenmeter sammeln. Dabei stolpert man oft über malerische Felsaufsätze und Türme, manchmal sogar über scharfe Grate, welche sogar mit beachtlichen Wänden überraschen. Klettertechnisch sind diese Felsen aufgrund ihrer Abgeschiedenheit kaum erschlossen. Am südlichen Ast des lang gezogenen Hufeisens Hocheck – Veiglkogel – Kieneck – Kirchwaldstein reihen sich gleich drei solcher Gratbildungen in bunter Folge aneinander, welche für schwindelfreie und trittsichere Kraxler ein attraktives Zusatzprogramm zu den herkömmlichen Waldläuferfreuden bieten.
Alle drei Grate verlaufen nördlich des markierten Wanderweges, man kann also nach Lust und Laune kombinieren. Der Geißstein (Gaisstein) zu Beginn ist die aufwendigste Draufgabe und bildet gleich den alpinistischen Höhepunkt. Er ist lange nicht der höchste, sicher aber der fotogenste und aussichtsreichste der gesamten Rundtour. Eingefleischte Fans bezeichnen ihn etwas kühn als Matterhorn des Triestingtals. Schindelboden- und Ninegrat sind vergleichsweise schnell überwunden und türmen sich gut versteckt nur wenig oberhalb des parallel verlaufenden Wanderwegs, Schwierigkeiten kann man so gut wie immer umgehen. Der Ninegrat (der unterste Teil des Geißruck-ONO-Kamms) wird oft nicht gefunden: vom Atzsattel (Drehkreuz durch den massiven Wildzaun) auf dem bez. Steig kurz gegen Westen hinauf; sobald sich der Weg nach links wendet, geradeaus weiter hinauf zur flachen, romantischen Grathöhe, zuletzt kurz an schmaler, ausgesetzter Schneide abklettern (verblichene rote Punkte, 2-) auf den Waldboden und mit wenigen Schritten wieder auf den Weg.
Viele Wanderfreunde machen nach der Aneinanderreihung dieser drei Kraxeleien hier kehrt und steigen am Normalweg ab, zurück nach Furth. Auf dem langen Weiterweg übers Kieneck zum Hocheck bieten sich für Notfälle einige vorzeitige Talabstiege an (s. Karte).
Überhaupt nicht zu empfehlen ist der an sich verführerische Kamm nö. des Reingupf: bis zum Hofgrabengupf wunderschön, dann direkt am Kammscheitel über die Geißgrabenhöhe hinweg wieder einer dieser überdimensionierten, kilometerlangen Wildzäune, der den Auslauf hinunter zur Schindlau sperrt. Diesseits des Zaunes satte, urweltliche Grassoden, jenseits, innerhalb des Geheges (?), erweckt der kaputte Boden flächendeckend den Eindruck eines militärischen Versuchsgeländes, ähnlich einer Hammada in der Sahara. Groteskerweise ist das Gelände in der AMap auch noch als Quellschutzgebiet ausgewiesen.
Eine Anfrage seitens der Naturschutzabteilung des ÖAV Innsbruck bei der Bezirkshauptmannschaft Baden erhielt folgende Antwort:
Seitens der Bezirkshauptmannschaft Baden darf zu Ihrer Anfrage vom 28.11.2022 mitgeteilt werden, dass es sich bei der eingezeichneten Umzäunung um den Zaun eines bewilligten umfriedeten Eigenjagdgebiets handelt. Dieses wurde vor mehr als 30ig Jahren behördlich anerkannt. Die Bewilligung dieser Umfriedung ist jedoch aufgrund der Jagdgesetznovelle 2018 nur mehr bis Ende 2028 aufrecht und muss in weiterer Folge aufgelassen werden. Aufgrund der jeweiligen Landnutzungsformen ergeben sich für den außenstehenden Betrachter ein unterschiedliches Bild in Hinblick auf das Erscheinungsbild der obersten Bodenschicht. Das in Ihrer Karte eingezeichnete Quellschutzgebiet liegt nordwestlich der gegenständlichen Umfriedung.
Eine erhellendere Auskunft bekamen wir allerdings erst von einem Osttiroler Jäger:
Im Herbst wird das Rotwild in sogenannte Wintergehege getrieben, wo es während der kalten Jahreszeit durchgefüttert wird, um großräumige Schäden außerhalb – etwa durch Verbiss etc. – zu vermeiden. Im Sommer hat der durch die große Stückzahl in Mitleidenschaft gezogene Boden wieder die Möglichkeit, sich zu regenerieren. –
Was in unserem Fall allerdings noch nicht so ganz geklappt hat.