Freiung, 2409 m

Die vergessene Schwester des Hochstadel.

Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Nikolsdorf bzw. Pirkach, beide ca. 5 km nw. von Oberdrauburg, Kärnten, Osttirol. Aufstieg 800 bzw. 2000 Hm (inkl. Gegensteigungen).

P Bahnhaltestelle Nikolsdorf, 640 m (für die Gewaltvariante auf dem Zabarotsteig über den Bärenriesenkopf) bzw. Pirkach (Auffahrt mit Hüttentaxi zum Hochstadelhaus auf der Unholdenalm, 1780 m, 15 €/Person) – Kalser Schutzhütte, Kuhlucken (Einmündung des Zabarotsteigs, etliche Klettersteigpassagen, hin und wieder ausgesetzte ungesicherte Stellen) – Tiroler Grenzstein, ca. 1850 m, bis hierher markiert – schräg gegen Westen absteigender Jagdsteig, ab der Senke eher südwestl. nahe der Schutthalde mäßig steil empor (weiter rechts Latschendschungel!) und nach gut 50 Hm in weitem Bogen nach rechts über die bereits zuwachsenden Böden der ehemaligen Zabarotalm (hier wieder meist deutlicher Steig mit Steindauben) an den NO-Kamm der Freiung heran zum Fußpunkt der weithin sichtbaren grünen Rampe, etwa 2000 m – die Rampe geht in eine Schuttrinne über, nach einer Linkswendung in die „Steilrunse“ des alten AV-Führers (s. Literatur) – diese gutmütige Schrofenrinne, teils ausgewaschene Felsen, läuft oben in einem Wiesenhang unter der NO-Kammschulter aus – von hier in Kürze zum Gipfelkreuz, weiter am kurzen, scharfen Klettergrat zum höchsten Punkt des Zabarotkopf, 2396 m.
Für den Übergang zur Hochfreiung vom Kreuz südlich absteigen und dann queren, bröcklig. - Abstieg wie Aufstieg.

ÜbersichtKartedas Hochstadelmassiv von Norden, links die doppelgipfelige Freiungdieselbe Wandflucht aus Nordwest, vom Gipfel der Adlerwanddie einzige Schwachstelle bietet sich von Nordosten aus dem Zabarotkar (Blick vom Luelfeld am Ziethenkopf, Kreuzeckgruppe)von der Waldgrenze gelangt man weglos, aber relativ einfach durch eine Steilrunse entlang des Nordostkamms zum Gipfelkreuz

Allmorgendlich gilt unser erster Blick aus dem Schlafzimmer der gewaltigen Hochstadel-Nordwand in den Lienzer Dolomiten. Ihr östlicher Anbau, getrennt nur durch die Zabarotscharte mit ihrem gleichnamigen kecken Turm, trägt entscheidend zum Gesamteindruck dieser zweieinhalb Kilometer breiten Riesenmauer bei, welche sich mehr als 2000 m über den Talboden auftürmt. Die doppelgipfelige Freiung steht dem großen Bruder bezüglich der Wildheit ihrer Wände in nichts nach, wird aber wesentlich seltener erstiegen. Obwohl sie seit 2015 ein schönes Gipfelkreuz trägt, wurde sie in den letzten 10 Jahren im Schnitt jeweils nur von einem guten Dutzend Partien besucht.
Den beträchtlichen Höhenunterschied kann man mit dem Hochstadelhaus-Hüttentaxi um ganze 1150 Hm schrumpfen lassen, ab dem Tiroler Grenzstein sind dann aber Pfadfindernasen gefragt. Der anfangs schöne Jagdsteig verliert sich nach gut 500 m immer wieder, leicht entführen uns die zahlreichen Wildfährten in widerborstigen Latschendschungel, welcher heutzutage nicht mehr so ganz im Trend liegt.

Früher war alles ein bisschen anders. Der Zabarotsteig (in der AMap unrichtig Zabratsteig, bis vor kurzem auch Leiternsteig – die Holzleitern wurden mittlerweile entfernt, stabile Drahtseile und Klampfen helfen über die zahlreichen Steilstufen) wurde 1882 vom wagemutigen Josef Rabl gefunden. Einen guten Kilometer weiter westlich existierte um diese Zeit noch ein alter Treibersteig über den Wilden Gern und den Unteren und Oberen Gang, der direkteste Anstieg aus dem Drautal zum Gipfel – ebenfalls Kletterstellen, steil und mühsam, einst schon schwierige Orientierung, heute unauffindbar, weil oberhalb des Großnitzkopf völlig vom Latschendickicht verschluckt. Wir haben jüngst eine Reihe von Gebietskennern dazu befragt, alle so zwischen 70 und 80, kein Einziger wusste mehr von dem alten Weg.
Für „Zabarot“ entschieden sich übrigens schon die Pioniere an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert: etwa der unerschrockene Jäger Allmeier, der schon 1895 bei der Gamspirsch im Alleingang vom Lavanter Graben durch die ungeheuren Wandfluchten bis ins Zabarotkar und umgekehrt unterwegs war; oder frühe Erschließer wie Glatter, Radio-Radiis oder Patéra. Die Lienzer Dolomiten waren früher „die Unholden“, die Freiung schrieb man im Mittelalter mit y, aus der Rudnighöhe wurde die Wiesenspitze …

All diese Geschichten verleihen der Freiung etwas Mystisches, umso mehr, wenn gespenstische Wolkengebilde den scharfen Grat umwabern oder ihre Wände im Abendrot glühen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es in jüngster Zeit zarte Ansätze gibt, den fast vergessenen Gipfel aus seinem Dornröschenschlaf zu holen. So etwa legten drei junge Kletterer eine neue Linie aus dem Zabarotkar durch die vergleichsweise kurze Ostwand (Freibier, 5+/6-, 4 Seillängen) – just zwei Wochen nach Errichtung des neuen Gipfelkreuzes.
Die Erweckung des alten Treibersteigs direkt durch die 1800 m hohen Nordabbrüche steht allerdings noch aus – eine Herausforderung für alpinhistorisch angehauchte Durchbeißer vom Sisyphos-Clan.

das Hüttentaxi zum Hochstadelhaus ermöglicht einen etwas schonenderen Zugang zu unserem Bergriesenan der Hütte an der Kehre gleich hinter der benachbarten Kalser Hütte links vorbei und geradeaus (schlecht ausgeschildert) hinüber zur Kuhlucken am Waldrand, ...... wo ein gut bezeichneter Steig zum Tiroler Grenzstein führt; Blick auf Lienz und die Schobergruppe der Hohen Tauernvon diesem schönen Aussichtspunkt wenden wir uns links ...... auf einen anfangs guten Jagdsteig unserem Gipfelziel zuder jetzt nicht mehr markierte Steig führt in eine lichte Senke hinabaus dieser Mulde links hinauf, nach der Kehre verliert sich der bislang deutliche Steig; nun nicht diversen Wildfährten nach rechts in Richtung Freiung folgen - sie führen in ziemlich mühsame Latschenwildnis -, ...... sondern im viel freieren Waldgelände rechts der Schutthalden gute 50 Hm emporetwa hier rechts in den Wald über eine sanfte Schwelle ...... in eine nahezu baumfreie, langgezogene Mulde, wo man wieder auf Steinmänner trifft; in ihr in mäßigem Auf und Ab ...... etwas unterhalb der Baumgrenze hinüber an den jenseitigen Rand des Zabarotkares an den Fuß der Freiung-Ostwändehier erkennt man schon von weitem die grüne Rampe hinaus zum Nordostkammin und neben der ansetzenden Schuttrinne ...... bis nach der Linksbiegung hinauf; Blick auf Wiesenspitze, der Tiroler Grenzstein am gegenüberliegenden Kamm etwas links der Bildachsedie Schuttrinne mündet in eine gutmütige Schrofenrunse, ...... welche ihrerseits in einen Rasenhang ausläuftdie Wiese empor auf die Nordostkammschulter ...... mit prächtigem Blick in den Lienzer Talbodenvon hier in wenigen Minuten über den felsigen Kamm ...... zum Gipfelkreuz auf dem Nordostgipfel (Zabarotkopf), welches im Jahr 2015 errichtet wurde; seitdem erreichten im Jahresschnitt nur gut ein Dutzend Partien den Gipfel, heuer waren wir Mitte Juli die Erstendas Kreuz scheint die Freiung aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt zu haben: schon zwei Wochen nach seiner Errichtung wurde eine neue Route durch die Ostwand gelegtBlick vom Kreuz gegen Westen auf Keilspitzmassiv und den halb verdeckten Sandspitzenkamm, der die höchste Erhebung der Lienzer Dolomiten trägt (s. Archiv)ein kurzer, zerscharteter Grat leitet hinüber zum höchsten Punktvon ihm weitet sich der Blick gegen Westen auf Lavanter Alm, Laserztörl und Wildsender; hier fand alljährlich der historische Laserzlauf statt (s. Archiv Schitouren), bis er 2011 umgelegt wurdewer noch zur Hochfreiung hinüber möchte, steigt gleich vom Kreuz etwas ab und quert die Schrofenflanke auf den 13 m höheren Nachbarn; der Hochstadel verhüllt sichein letzter Blick vom Grenzstein zurück auf die Freiung; bevor wir ...... drüben bei der Kuhlucken auf den abenteuerlichen Zabarotsteig einbiegendurch aufgelockertes Waldgelände wechseln wir etwa 250 Hm unterhalb des Grenzsteins abermals das Bundeslandbald danach wird es zunehmend steiler und felsigerdas Gelände bricht auf Osttiroler Seite jäh ins Drautal ab; am Zabarotsteig - früher auch als Leiternsteig bekannt - wurden die alten Holzleitern mittlerweile entfernt ...... und durch Drahtseile und Klampfen ersetzt; dennoch kann man die moderne Anlage nicht als herkömmlichen Klettersteig bezeichnen, da immer wieder steile ungesicherte Passagen auftauchen, die bei Nässe schnell gefährlich werden
(14.07.2024)

Literatur: Zlöbl: Klettern in den Lienzer Dolomiten. Tristach: Bookz 2013.
Peterka/End: AV-Führer Lienzer Dolomiten. München: Rother; längst vergriffen, manchmal noch in Antiquariaten oder im Internet zu finden.

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