Cetinje - Rijeka Crnojevića

Zwei „Stadtspaziergänge“ mit alpinen Einlagen.

Dinarische Alpen, Ceklinštak, Montenegro. Aufstiege jeweils 200-300 Hm.

Cetinje und Rijeka Crnojevića - zwei für Montenegro kulturhistorisch bedeutsame Stätten. Letzteres ist ein kleiner Ort am fjordartigen, halb verwachsenen Nordauslauf des Skadarsees, heute eher im Abseits gelegen. Vom Ortskern gelangt man über die berühmte, zweifach geschwungene türkische Brücke auf den Hügel Obod mit den Resten der ursprünglichen Siedlung, wo ein Jahr nach der Entdeckung Amerikas die erste Druckerpresse der Südslawen in Betrieb genommen wurde - in der Familienburg eines Fürsten, der sie aus Venedig eingeführt hatte. Heute weht morbides Flair zwischen den Ruinen alter Mühlen, dem architektonischen Juwel der alten Brücke und einer aufgelassenen Fischfabrik. Die Urwälder des Ceklinštak beginnen gleich hinter dem Altstadthügel; die alpine Prüfung der Runde besteht - wie so oft in Montenegro - aus dem abenteuerlichen Durchwaten eines Wildflusses in einem versteckten Tal mit sehenswerter Höhle und einem hoch in die Felswand gehauenen, künstlichen Bachbett, ähnlich den Levadas auf Madeira. -

Cetinje hingegen ist zusammen mit den Ostrog-Klöstern und dem Bergmausoleum auf dem Jezerski Vrh eines der drei nationalen Pilgerstätten Montenegros. Zu jeder Jahreszeit fallen hier nicht nur Touristen, sondern auch Busse voller Einheimischer und Schulklassen ein, um der alten Hauptstadt (bis 1918) den gebührenden Respekt zu zollen. Wir fanden den Vergleich mit einem „kleinen deutschen Amtsgerichtsstädtchen“ (aus einem uralten Grieben-Reiseführer) eigentlich ganz zutreffend. Großes Aufsehen in der Stadt erregte Mitte des 19. Jahrhunderts ein Billardtisch, von Petar II. (welchem wir bereits am Jezerski Vrh begegnet sind) käuflich erworben und auf Maultierrücken von Kotor über die Berge geschaukelt. Noch heute trägt die Residenz des Fürsten den Namen Biljarda.
Unsere erste Wanderung schummelt sich auf schmalem Pfad über die grünen, aber durchaus felsigen Anhöhen westl. der Stadt bis auf die Höhe des Adlerfelsen mit dem Grabmal des Fürsten Danilo I.; von hier bietet sich die schönste Aussicht auf Stadt und Lovćen-Massiv. Den im Rother Wanderführer empfohlenen Aufstieg zum Gipfel des Velji Đinovo Brdo, 863 m, kann man sich getrost sparen, es sei denn, jemand möchte seine fotografische Sammlung windschiefer Holzkreuze erweitern.

Cetinje - Velji Đinovo Brdo, 863 m

P Kloster - Glockenturm Tablja (darunter Höhle) - Fürstengrab auf dem Adlerfelsen - Freilichttheater - event. Besteigung des Velji Đinovo Brdo: am markierten Wanderweg über die alte, halb zugewachsene Militärstraße in vielen lähmend flachen Kehren ohne nennenswerte Aussicht zum Gipfel; auch die einzige interessante Route direkt über den NNW-Kamm (weglos, Kletterstellen bis II) ist hoffnungslos verwachsen und kommt - wenn überhaupt - nur für Dschungelkämpfer infrage.

Übersicht MontenegroPlan CetinjeAusgangspunkt hinter dem Kloster oder beim Nationalmuseum (Vladin Dom); erstes Ziel ist das kleine Tablja-Glockentürmchen links obenam Fuß des Felsens liegt der Eingang zu einer TropfsteinhöhleUlli und Ronja auf dem Weg in die Unterweltwir überschreiten in der Folge die stark felsdurchsetzte Anhöhe zwischen Tablja (rechts) und dem Adlerfelsen (links oben)Ronja versucht sich begeistert an den alpinen Akzenten der Stadtwanderungschon in Sichtweite das Grabmal ... ... des Fürsten Danilo I., des Begründers der Dynastie Petrović-Njegoš; zwischen den Säulen der Velji Đinovo Brdo, von dessen Gipfel die Aussicht aber kaum besser istBlick vom Grabmal nach O auf das Zentrum von CetinjeBlick von der baumfreien Schulter des Velji Đinovo Brdo nach NW zum Jezerski Vrh, dem zweithöchsten Lovćen-Gipfeldas Gipfelkreuz am Velji Đinovo Brdo; auch beim Normalweg stehen die Länge des Aufstiegs und der Mühe Lohn in keinem rechten Verhältnisdiese männliche Hornotter (Vipera ammodytes, auch Sandviper genannt, wird aber kaum jemals auf Sand gefunden) ist bezügl. der Giftmenge die gefährlichste Schlange des kontinentalen Europas, ihr Biss ist in seltenen Fällen sogar tödlich; Erich hat sie beim Sonnenbad erwischt, mitten auf dem markierten Steig. Sie ist prinzipiell nicht aggressiv, bewegt sich langsam, beißt aber im Sekundenbruchteil zu. Unsere heimische Kreuzotter ist vom Gift her zwar heftiger, gibt aber eine zu geringe Menge ab. Hornottern findet man übrigens im Norden bis Kärnten und der Südsteiermark, allerdings nicht solche Kaliberder Trg Kralja Nikole; die ganze Stadt hat das Flair eines leicht verstaubten Freilichtmuseums

Rijeka Crnojevića

Stari most (alte Brücke) - altes Dorf Obodski Grad - bez. Steig durch den Ceklinštak-Urwald ins Quelltal der Rijeka - Flussüberquerung (bei Hochwasser besser oberhalb der markierten Stelle probieren) - event. Abstecher in den Talschluss zur Obodska pećina (Höhle) - altes E-Werk - Stari most.

keine 20 km weiter südöstlich ein völlig andersartiges Landschaftsbild - die windungsreiche Rijeka Crnojevića legt ihren letzten Mäander rund um den 199 m hohen Lisinj, bevor sie endgültig mit dem Skadarsee verschmilztder großteils mit Wasserpfanzen bewachsene Fluss entspringt in einem wilden Talkessel des Ceklinštak, links hinter dem gleichnamigen OrtKarte; wir begehen die eingezeichnete Runde ab Türkischer Brücke im Uhrzeigersinnein geschwungener Damm verlängert die Brücke ans andere Ufernach kurzem Anstieg erreichen wir die Hügelkuppe mit den wenigen Häusern des alten Ortes  ...... und die Kirche Sveti Nikola inmitten eines Friedhofs; das ehemalige Kloster war bis 1482 sogar Bischofssitz, bis dann geistliche und weltliche Herrscher ins höher gelegene Cetinje übersiedelten und ihre alte Machtzentrale nur mehr als Sommerfrische nutzten - ab 1692 nisteten sich für fast 200 Jahre die Türken hier einin der Senke hinter dem Ort zweigt rechts der markierte Dschungelpfad abnach einigem Auf und Ab stehen wir am oberen Ende eines Geröllhanges und überblicken das wildromantische Flusstal mit der „Levada“die Felsen des markierten Flussüberganges sind heuer noch komplett überspült, aber nach eifriger Rodung des Uferdschungels werden wir etwas weiter flussaufwärts fündignach Papas Solo-Probedurchlauf gelangt auch Ronja sicher ans andere Ufer: für solche Aktionen haben sich Trekking-Sandalen gut bewährtdas kühle Nass hat Trinkwasserqualität und lädt zum Baden einzurück im Ortüber die alte Brücke geht’s zurück ...... zum Ausgangspunktzuletzt noch ein paar Landschaftseindrücke vom Westufer des Skadarsees: hier Vučko blato ganz im NWBlick von N auf den Ort Virpazar, von dem ein Eisenbahn- und Straßendamm über den See in Richtung Podgorica führtdie Godinjskibucht; ganz rechts die kleine ehemalige Gefängnisinsel Grmožur, auf der man nur Nichtschwimmer-Gefangene beherbergte - und Nichtschwimmer-Wärter: Wenn einem Insassen dennoch die Flucht gelang, musste dafür sein Wärter das restliche Strafausmaß absitzen
(09.05.2013)

Allgemeine Reise-Infos sowie Links zu weiteren Touren in Montenegro findet ihr zu Beginn bzw. am Ende unserer Wanderungen auf den Ćurovac und die 3-Seen-Runde am Durmitor.

Literatur: Stöckl: Montenegro. München: Rother Wanderführer 2008.

Karte: Nationalpark Skadarsee 1:55.000, erhältlich vor Ort oder z. B. bei Freytag&Berndt, Wien; deckt nur Rijeka Crnojevića ab.

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