Baekundae, 836 m

Fernöstlicher Klettersteig auf den höchsten Granitzapfen über Seoul.

Bukhansan Nationalpark, Seoul, Südkorea. Aufstieg insgesamt 900 Hm.

Reiseinfos - Baekundae - weitere Touren in Südkorea

Südkorea ist ein bei uns weitgehend unbekanntes, faszinierendes Reiseland. Nur in den Großstädten und an wenigen Hotspots trifft man vor allem chinesische und japanische Touristen, westliche Individualreisende scheuen sich offenbar noch vor Sprachbarrieren und Orientierungsschwierigkeiten in dieser fremdartigen Welt - zu Unrecht, wie wir bald sehen werden. Auf keinen Fall schadet es, einen Blick auf das koreanische Alphabet zu werfen: Hangeul, eine der genialsten Schriftformen der Welt, schaut auf den ersten Blick irrsinnig kompliziert aus und ist dabei in wenigen Stunden erlernbar. Mit ein bisschen Improvisationstalent lassen sich überdies die zwei Haupthindernisse bei Exkursionen ins exotische Hinterland locker entschärfen:
- Abseits der hoch technisierten Metropolen sind Einheimische mit Englischkenntnissen noch immer nicht leicht zu finden.
- Leute, die nicht unbedingt scharf sind auf Fisch und Meeresfrüchte, werden etliche Kilo im Fernen Osten lassen. Besonders in Küstenregionen und auf den Inseln leben die Menschen vom Meer, auf den Tellern finden sich teils wirklich wilde Dinge, die nichts mit europäischen Fischgerichten alla „Scholle gebacken“ gemein haben.
Alle weiteren Bedenken sind eigentlich grundlos. Die Koreaner, bezüglich Rasse und Sprache in keiner Weise mit den beiden mächtigen Nachbarn verwandt, sind ein äußerst hilfsbereites, freundliches Volk. Steht ein ratlos wirkender Fremder an der Straße, wird ihm sogleich Hilfe angeboten - in Wien, München oder Zürich in solcher Form undenkbar. Man wird in diesem Land kaum jemals beklaut oder sonst in irgendeiner Form übervorteilt. Hotelpersonal, Autovermieter oder Händler geben oft gegen eigene Geschäftsinteressen Tipps bezüglich günstigerer Optionen für den Kunden. Trinkgelder sind nicht üblich.
Diese Ehrlichkeit, angeborener Fleiß und eine gewisse nachahmenswerte Klarheit der politischen Entscheidungsträger haben den unfassbaren Wirtschaftsaufschwung des kleinen, bedrängten Landes innerhalb einer kurzen Zeitspanne ermöglicht. Die Infrastruktur ist in jeder Hinsicht vorbildlich ausgebaut, das Preisniveau entspricht etwa unserem, einzelne Dienstleistungen wie etwa Taxifahrten (bei überschaubaren Unternehmungen dem Mietwagen oft vorzuziehen!), Grundnahrungsmittel oder Eintrittskarten sind viel günstiger. Alles in allem ein perfektes Reiseland mit viel Natur, ländlicher Idylle, hervorragenden Kulturschätzen, herrlichen Küstenlandschaften mit 3000 Inseln, von spektakulären Granitadern durchzogenes Waldgebirge - aber auch hektische Millionenstädte, die im Großraum Seoul (neben Tokio) mit 35 Millionen Menschen den weltweit größten Ballungsraum stellen. Hier eröffnet sich für uns als Bergmenschen auch die bizarrste Kluft dieses unglaublichen Landes: Einerseits pilgern fröhliche, bestens ausgerüstete Heerscharen von Wanderern und Kletterern mit der U-Bahn zu den Eingängen des mitten im urbanen Hexenkessel gelegenen Bukhansan (Nordberg) Nationalparks mit seinen endlosen Waldkämmen und Granitkuppeln, andererseits werden die Kinder in einem abstrusen, mehrgleisigen Schulsystem bis tief in die Nacht von Nachhilfelehrer zu Nachhilfelehrer gekarrt (PISA Nummer 1, Selbstmordrate seit 2008 extrem steigend), wird die Bevölkerung von einer für uns (noch) unvorstellbaren Werbemaschinerie zu exzessivem Konsum erzogen. Uns erscheint diese Bedrohung mittelfristig noch krasser als jene, welche vom unberechenbaren nördlichen Nachbarn ausgeht.

Übersicht Korea Übersicht SeoulBlick von N auf Downtown Seoul und den Namsan (Südberg) mit seinem Aussichtsturmgekonnter Spagat zwischen Moderne und Tradition: Vom Hotelfenster erhaschen wir durch die Schlucht zwischen zwei Bürohochhäusern einen Blick auf die Wachablöse am Palast der Strahlenden Glückseligkeittägliche Qual der Wahl in Seoul: kulturelles Sightseeing oder rauf auf die Granitzapfen gleich dahinter? - Eingang zum Gyeongbokgungtief vergraben in den Schluchten der Metropole: der Tempel Jogyesa im festlichen Lampionschmuckeiner der unüberschaubaren Märkte in der Nähe des Osttores

Baekundae

Sanseong(Bergfestung)-Eingang an der W-Seite des Nationalparks, vom Zentrum Seouls mit der U3 nach Gupabal (Station 320), dann 10 min mit Bus oder Taxi; im kleinen Tal haufenweise Sportausrüster, kleines Nationalparkbüro mit Wanderkarten (die beste ist die koreanische für 2000 Won, knapp 1,5 €)- den Graben nach O über die beiden Tempel Borisa und Daedongsa zum höchsten Tor des Befestigungswalls in der Scharte zwischen Baekundae und Mangyeongdae – versicherte Steiganlage (A) durch die SO-Flanke (Klettergarten rechts des Steiges auf ca. 750 m) auf den Baekundae – zurück zur Scharte – W-Flankenquerung des Mangyeongdae in den Nojeokbongsattel – hinter dem Yongambong beginnt der durchgehende historische Befestigungswall am Kammrücken mit weiteren Gipfeln (Sidanbong, Deonjangbong, beide ca. 600 m) und Toren, vom dritten Tor (Bogunmun) Abstieg durch den Graben nach Seongbuk, Bus 1113 zur U4 Station Gireum (417).

lange Zähne vom Hoteldach: Gleich hinterm Zentrum erstreckt sich der Bukhansan Nationalpark; von der kleinen Kuppe des Bugaksan aus versuchte 1968 ein nordkoreanisches Kommando die Erstürmung des unterhalb gelegenen Präsidentenpalastes und die Ermordung des damaligen Staatsoberhauptes; in Bildmitte das Südmassiv, der Baekundae versteckt sich dahinterKarteunser Gipfelaufstieg im Zentralmassiv des Bukhansan Nationalparks; der benachbarte Insubong hält laut Lonely Planet für Kletterer einige der besten Mehrseillängenrouten Asiens bereit

Der Bukhansan ist einer von 20 koreanischen Nationalparks, mit drei fotogenen Hauptmassiven eigentlich riesig in seinen Ausmaßen, dennoch nach allen Seiten umgeben von vielgeschossigen Wohntürmen, die aufgrund der Entfernung allerdings nur bei sehr klarem Wetter sichtbar sind. Die vorgestellte Wanderung mit leichter Klettersteigeinlage ist nur eine von Hunderten im Stadtgebiet, hat aber dennoch eine Sonderstellung: Der höchste Berg des Parks ist gleichzeitig einer der eindrucksvollsten, der Rückweg Richtung Zentrum führt über weite Strecken auf einer historischen, jüngst renovierten Bergfestungsanlage, gleichsam auf und neben einer „Koreanischen Mauer“.
Erich und John haben die Tour schon einmal in den frühen 90er-Jahren unternommen. Am Berg hat sich seither nicht viel verändert; die Versicherungen am Klettersteig wurden erneuert, eine Kletterszene hat sich etabliert, bedauerlicherweise sind am Ausklang der Tour die kleinen Imbissbuden längs des Baches verschwunden - die Großstadt hat sich ohne viel Aufhebens in das einstmals verträumte Waldtal gedrängt.

mit der U-Bahn geht's hinaus zu den einzelnen ParkeingängenUlli und Ronja am Sansong (=Bergfestung) Parkeingangein Stelldichein aller bekannten Bergausrüster: Koreanische Bergsteiger pflegen sich auch bereits auf niedlichen Wanderungen steigeisenfest zu stylenmit von der Partie John, der mit Erich bereits vor über 20 Jahren auf diesem Berg wardurch einen romantischen Waldgraben ...... geht es zum Borisa (die Nachsilbe -sa bedeutet Tempel); im gesamten Park stößt man auf zahlreiche weitere Tempel und Pavillonslaut Guinness Buch der Rekorde ist Bukhansan der meistbesuchte Nationalpark weltweit; dennoch finden sich hier über 1300 verschiedene Pflanzen- und Tierartenan allen exponierteren Stellen helfen Versicherungen weiterunter der südseitigen Gipfelwand des Baekundae; wir steigen von rechts auf die Spitzedas höchstgelegene Tor der Bergfestung in der Scharte zwischen Baekundae und Mangyeongdae aus dem Jahr 1711aus der Scharte entlang der Mauer ...... an die SO-Wand des BergesBlick nach S auf den zerklüfteten Mangyeongdaevor den mauerglatten Gipfelfelsen endet die Befestigungsanlagewenige Meter dahinter ein Kletterkursherrlich griffiger Traumgranit im Klettergarten am Südostwandfußunser Steig nützt die Schwachstellen des Gipfelaufbausein luftiger Quergang führt auf die Ostseite, dahinter der berühmte Kletterberg InsubongTiefblick in die Nordseiteder Insubong, ganz hinten das NO-Massiv mit dem Dobongsanknapp unter dem Gipfel; Ronja schließt Freundschaft mit einem koreanischen Bergsteigeram höchsten PunktGipfelblick nach S mit unserem Weiterweg auf dem First des Nationalparksdas Yongamtor auf dem Kammscheitelin den letzten Jahren wurden Teile des acht Kilometer langen Walles mustergültig saniert; Rückblick auf den Mangyeongdae, rechts hinten der Insubong direkt auf der Kammlinie ...... marschieren wir zurück in die Stadt; hier das Daedongtorschon in Reichweite des Häusermeeres haben wir noch einmal die Wahl zwischen einer versicherten Überschreitung und dem Schnellabstieg ins Talan der Grenze von Park und Stadt eine koreanische Eigenheit: Schuhreinigung mittels Druckluftpistolen
(10.06.2014)

Literatur: Rau: Reise-Handbuch Südkorea. Ostfildern: DuMont 2013.

Weitere Touren in Südkorea:

Hallasan (höchster Berg Südkoreas, Jeju-do)
Jaunbong (Dobongsan, Bukhansan-Nationalpark, Seoul)
Seonginbong-Überschreitung und Haengnam Küstenweg (Ulleung-do)
Taebaeksan - Draisinenwanderung (Gangwon-do)
Taejongdae und Geumjeongsan (Busan)

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