Eiblgupf, 1813 m. Rechte NO-Wand, 3+ - Hirschluckensteig
Neue Linie durch die höchste Wandflucht des Höllengebirges.
Höllengebirge, Ebensee, Oberösterreich. Aufstieg gesamt 1300 Hm, davon 800 Hm Wandhöhe.
Vorderer Langbathsee - Kaltenbach-Forststrasse - NO-Wand westl.der alten Route (s. Führer) auf den Eiblgupf - Übergang Gamskammer, 1754 m - am markierten Steig der Plateauüberschreitung bis unterhalb des Brunnkogel - Hirschluckensteig - Hinterer und Vorderer Langbathsee.
Vorsicht! Die hier vorgestellte Tour weist viele Qualitäten auf, die heutzutage (vernünftigerweise?) nicht mehr einhellig geschätzt sind, wie etwa wegloser Zustieg, steile Hänge mit langem Gras, ein überschaubares, aber dennoch gnadenloses Latschenfeld, seilfreie Kletterei bis hin zum 4. Grad etc., sie liegt also keinesfalls im Trend. Da es aber noch immer Leute geben soll, die von Zeit zu Zeit ihre Leidensfähigkeit ausloten wollen, stellen wir bedenkenlos dieses funkelnagelneue Folterbrett zur Verfügung. Wem diese Route mit Recht zu dämlich erscheint: Im Anschluss liefern wir eine ähnliche Traumrunde über den Langbathseen in einer der schönsten Ecken Oberösterreichs - zwar immer noch abenteuerlich, aber von den Versicherungsanstalten toleriert.
Der grundlegende Fehler passiert schon im Tal: Anstatt erst ganz hinten in der Schiffau, am Fuß des Totengrabens, wenden wir uns zu früh der NO-Wand zu und gelangen durch zähes Waldschrofengelände zu weit rechts der alten Originalführe an die unübersichtlichen Grundmauern. Da wir hier keinen passablen Durchschlupf finden, queren wir am Wandfuß weiter, bis er nach Westen umbiegt. Hier auf einer Steilgrasrampe rechts hinauf, um einen Sporn in ein Trockenbachbett und flott gerade hinauf zum Latschenfeld, das uns als letztes Hindernis im Weg liegt. Es lässt sich in ca. 15 Minuten leicht links haltend irgendwie überlisten. Wir finden uns in einem schottrigen Bachtobel wieder, aus dem in gerader Linie eine angenehm zu durchkletternde, plattige Rinne bis knapp unter den Hochflächenrand emporzieht und sich dort mit dem alten Anstieg vereinigt. Nur der erste Steilaufschwung, etwa 30 m hoch, verlangt große Vorsicht (oder versiertes Sichern), auf der gesamten restlichen Strecke besteht kaum wirklich Absturzgefahr, der Fels ist gut, steile glatte Stellen sind meist nur kurz. Die Kraxlerei insgesamt ist abwechslungsreich und kurzweilig. Erst ganz oben, schon auf dem alten Originalanstieg, gibt`s eine ungute, schrofige Passage, aber da ist auch schon der Ausstieg erreicht.
Trotz der Geburtswehen waren wir flüssig unterwegs, keine drei Stunden vom Auto, also genügend Zeit, den geheimnisumwitterten alten Hirschluckensteig hinunter zum Hinteren Langbathsee zu suchen.
Ein ausgeschnittener Schleichweg leitet vom Plateaurand zum markierten Steig. Auf ihm überqueren wir, vorbei an der Gamskammer, einem weiteren steil abfallenden Randgipfel, den zentralen Teil des Höllengebirges bis fast in die tiefe Senke vor dem Grünalmkogel. Jetzt wird's spannend, irgendwann müssen wir wohl in die unbekannten Abbrüche hinunter. Früher als erwartet links des Weges eine Felsplatte, in Rot „HL“, also rechts die grasigen Schrofen abwärts. Aber schon bald löst sich die Spannung, rote Punkte werden sichtbar, Steinmänner, teilweise neue Seilsicherungen, ein Routenbuch. Geschickt schlängelt sich der Pfad über alle Steilstufen. Solch wilde Szenerie würde man im Höllengebirge nicht erwarten. Das letzte Stück zum Wandfuß hinunter ein richtiger Klettersteig mit nagelneuen Stahlseilen. Bei angenehmer Steigung, vorbei an der riesigen Halbhöhle der Hirschlucke und umringt von unerwartet hohen Wänden, ist in Kürze die Forststraße zu den beiden Seen erreicht, wo sonntäglicher Badebetrieb wie an der Riviera herrscht.
Jetzt noch die versprochene Variante auf die Hochfläche: Die Route durch den Gr. Totengraben verlangt zwar auch etwas Kletterfertigkeit, ist aber nicht so aus der Welt, zumal man unweit der Rieder Hütte aussteigt. Wir sind den Steig zwar schon lang nicht mehr gegangen (Juni 1996!), aber schon damals gab es an den prekären Stellen neue Seilsicherungen (teilweise an alten Haken!), Eisenstifte und ein Routenbuch. Da sich die Locals dankenswerterweise so um den Hirschluckensteig angenommen haben, nehmen wir an, dass es im Totengraben nicht anders ist. Von der Hütte hat man dann die Wahl: entweder östl. zum Feuerkogel und auf dem Wanderweg über Pledialm und Kreh zum Vorderen Langbathsee zurück. Oder westl. (zwei Optionen) zum Hirschluckensteig, der ähnliche Anforderungen stellt wie der Totengraben.
So schlecht ist die Eiblgupfwand gar nicht, macht schon Spaß, die Rinne hinaufzuziehen; die weniger tollen Einzelheiten sind bald vergessen ...
Originalton Ulli, einen Monat danach: „Sollten wir uns nicht auch einmal den alten Originalweg anschauen? Jetzt wissen wir ja ungefähr, wo er geht ...“
(21.07.07)
Literatur: Hauzenberger: Höllengebirge. Wander-, Kletter- und Schiführer. Vöcklabruck: Hauzenberger 2005.