Mitterberg, 1916 m. N-Grat, 3+

Bunte Odyssee zwischen Laglkar und Schafplan.

Ennstaler Alpen, Haller Mauern, Rosenau am Hengstpass, Oberösterreich. Zustieg 700 Hm + 5-7 SL und jede Menge mehr oder weniger exponiertes Gehgelände (300 Hm) - der Grat ist länger als man glaubt (!); mit allen Gegenanstiegen insgesamt 1200 Hm Aufstieg.

P Leopolden im hintersten Dambachtal 6 km sö. von Rosenau am Hengstpass, 12 km osö. von Windischgarsten - Laglalm - Laglkar auf ca. 1600 m (sattelartiger Einschnitt am markierten Scheiblingsteinweg, linker Hand kleiner Aussichtspunkt) - in leichtem Ab und Auf Querung durch Latschengassen nach O zum Nordgratfuß - Mitterberg - Abklettern S-Flanke in die erste Scharte - östlich auf die Schafplan hinunter - Steinmänner und Steigspuren zur Laglalm - P.

ÜbersichtKarteWinterbild des Grates aus der Westflanke des Langstein

Ein Gesamtkunstwerk der besonderen Art, ein Tarantella-Tanzkurs durch alle Facetten des klassischen Felsgehens. Schon das Finden des günstigsten Zustiegs durch die Latschen kann schnell von der tragischen Komödie in eine komische Tragödie abgleiten. Die immerhin 700 m Luftlinie des Grates beschäftigen einen - trotz gehöriger „Gehstrecken“ - viel länger als man denkt. Von absoluten Genusskletterstellen à la Roggalkante über fragil-luftigste Turmgebilde bis zu total verlatschten Firstschneiden ist alles zu haben. Die gut eingebohrten Kletterlängen sind lediglich ein kurzer Akt dieses aus dem Rahmen fallenden Schauspiels. Hat man die Vorderkante dieser Felsburg erklommen, findet man sich auf einer Art Chinesischen Mauer wieder, hinter dem vermeintlichen Gipfel wachsen immer wieder neue kecke Hörner in den Himmel. Auch beim Abstieg über Südflanke und Schafplan sei man trotz Steigspuren und Steindauben immer auf der Hut.
Der gesamte Haller-Mauern-Grat vom Natterriegel zum Gr. Pyhrgas gestattet viele Blickwinkel und scheidet die Geister: Die gewaltige Kette wird im Schnitt alle 10 Jahre einmal überschritten. Eine Seilschaft wird nach 2 - 3 Biwaks rückblickend anders empfinden als ein Alleingänger, der nach 14 Stunden Dauerlauf und 4000 Aufstiegshöhenmeter höchst befriedigt in Hall eintrudelt (oder ein erfahrener Bergführer, der über der Lieblscharte aus dem bröckligen Gemäuer zu Tode stürzt). Unser Nordgrat auf den Mitterberg ist quasi eine Lilliputausgabe des Hauptkammes. Irgendwie fast ein Muss für versierte Allrounder, keinesfalls empfehlenswert für ambitionierte Sonntagsgämsen.

Falls die Winterbilder neugierig machen: hier die Schitour rund um den Mitterberg und auf den Langstein.

die Laglalm gegen den 300 m höheren Mannsberg im Wnach einer längeren Querung zum Fuß des Mannsberg wird der Blick frei ins Laglkar; links der obere Teil unseres Grates, in Bildmitte der Scheiblingsteinauf ca. 1600 m sieht man erstmals den gesamten Grat vor sichbeim latschigen Ab und Auf des Zustiegs ist Spürsinn gefragt, stellenweise ist etwas ausgeschnitten, auch Steindauben sind zu finden1. Seillänge; etwa in Plattenmitte Richtung Kante raus muss man die erste Bohrhakenlasche findendann immer der Kante folgen zum 1. Standvom 1. Stand direkt über den Aufschwung (kurz 3) oder links daneben in der Rampenrinne weiter (man versäumt nicht viel)Erich am 2. Stand, darüber die schönste Seillänge der ganzen Tour (zum 3. Stand 55 m!)mit den Händen an der Kante und den Füßen im Riss - ideale Genussklettereiviel zu schnell legt sich die Traumkante zurückgleich zu Beginn der 4. SL die vielleicht delikateste Stelle - wenn man direkt über die verdeckten Turmspitzen tänzelt; Ulli umgeht rechts hinunter und gleich wieder zurück auf den Grat, Erich steht ganz oben hinterm Latschenbusch am 4. StandRückblick hinunter auf die fragile Turmreihenach einer längeren ausgeschnittenen Gehstrecke geht's an die alpine 5. SLkein Standbohrhaken zu Beginn, dafür 3 am Weg und 5 oben am Standwas - nicht am Gipfel? Auch die weit entfernten Zwillingsohren über Erichs Kopf sind noch nicht die höchsten Punkteauf der langen Traverse zu den Zwillingen ist nicht mehr ausgeschnitten, die Latschen aber (noch) relativ jung; die nächsten Bohrhaken gibt's an der Platte, der Gipfel schiebt sich noch immer nicht prominent ins Bilddie Platte ist lang, aber weniger steil als es von Weitem den Anschein hatdas Ende ist abzusehen, aber noch trennt uns ein stark zerschartetes hahnenkammartiges Gratstück vom Kreuzwir gehen am kurzen Seil, hin und wieder blitzt eine Hakenlasche aufknapp unterm Gipfel; Rückblick auf den Hahnenkammder Mitterberg von W (Laglmauer)Gipfelkreuz gegen NO (Langwand)im OSO der Durchblick aufs Gesäusezum Greifen nahe der Scheiblingsteinim NW die begrünte Laglmauer, der Kl. Pyhrgas (links) und das Sengsengebirgeder Südabstieg vom Mitterberg im Winterkleidbeim Abstieg über die Schafplan zeigt sich, dass man oben am Grat doch recht isoliert istunmarkierter Abstieg nach NNO gegen Reichraminger Hintergebirge, rechts der Langstein; wieder gilt: Augen auf für die beste Möglichkeit
(12.11.2015)

Literatur: Im sonst so akribischen AV-Führer Gesäuseberge von Willi End ist nicht einmal der Gipfelname zu finden.
Lustigerweise taucht der Berg in einem Winterführer auf:
Mörth/Potuschak: Schitouren zwischen Enns- und Steyrtal. Steyr: Ennsthaler 1990.

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