Mali Karanfili, 2119 m

Schitourenpremiere am wildesten Felskamm des Balkan.

Dinarische Alpen, Prokletije, Gusinje, Montenegro. Aufstieg 1200 Hm.

P Skala, Doljatal, 6 km sw. von Gusinje, nahe Plav, zwischen dem Kosovo und Albanien im äußersten SO von Montenegro versteckt - Ljubokuć-Kar - WSW-Hänge Mali Karanfili - Abfahrt zurück zur Karschwelle - südl. auf breiter Rampe, dann kurze, aber steile Flanke in die ausgesetzte Scharte rechts des auffallenden Turmes - jenseits abklettern (II+, besser abseilen) in die weiten Karböden nördl. des Sjeverni vrh - Krošnja - Grbaja - P Skala.

Übersichtder Grbaja-Talschluss im entlegensten Winkel Montenegros; auf halber Höhe des Schneekares verläuft die Grenze zu Albanien, unsere Erkundungstour zieht links hinauf in die Karanfili-Kettedie Karanfili-Kette, Schitourenneuland der Fantasyklasse: Womit sollen wir beginnen?

Von  der Schitourensaison 2012/13 wollen wir  uns mit einem besonderer Leckerbissen verabschieden, ungeplant, rassig, im wahrsten Sinn des Wortes entlegen, an einem bizarren Felskamm, an dem laut Einheimischen noch niemand auf Schi unterwegs war, wo zwei, drei Gipfel weiter gewaltige Bergriesen noch keine Namen haben - in den Karanfili im letzten Winkel Montenegros, hart an der albanischen Grenze. Wir haben uns erst am Vortag auf dem Aussichtsgipfel des Maja Can für diese Überschreitung entschieden. Schon allein die Mali Karanfili-Besteigung mit Aufstieg und Abfahrt durchs Ljubokuć-Kar ist ein Traum, die abenteuerliche Verbindung über die scharfe Gratschneide ins noch wildere Nachbarkar, der Krošnja, und die anschließende Abfahrt auf dem gut befahrbaren Lawinenkegel bis in den Talboden hinunter nimmt es auch mit den großen Unternehmungen in unseren Kalkalpen auf.
Für die meisten wird bezüglich Anreise die kroatische Autobahn die bequemste Lösung sein - wenn sie an die Küste wollen. Wir hingegen sitzen am abgeschiedenen Dreiländereck mit dem Kosovo und Albanien, haben uns zuvor mit dem Durmitor-Gebirge angefreundet und deshalb einmal die Route über Wien, Budapest und Belgrad (bis hierhin Autobahn) gewählt. Problemlos, gute Straßen, ansprechende Landschaften, sogar die berüchtigte serbische Polizei hat sich als außerordentlich freundlich und hilfsbereit erwiesen. Den zentralen Stützpunkt für Unternehmungen im montenegrinischen Prokletije, die idyllische Kleinstadt Plav, erreicht man so ab Wien nach ca. 1000 km in 12 bis 13 Stunden.

das malerischen Städtchen Plav liegt oberhalb des gleichnamigen Sees im äußersten SO Montenegroseine ansprechende Mischung aus Tradition und Moderneein farbiges Konglomerat aus Stilen, Religionen und Epochenbescheidene, aber charaktervolle Sehenswürdigkeiten; hier der Redžepagić-Turm, eine kombinierte Wohn/Verteidigungsanlage aus dem frühen 17. Jahrhundertin diesem kleinen Straßencafe an Plavs Flaniermeile haben wir für 2 Türkische, 1 Saft, 2 Eis und 4 Mehlspeisen 3,30 € bezahltein paar Kilometer westlich von Plav das Tor zu den höchsten Bergen Montenegros und Albanienskaum 5 km misst die mit Abstand beste Straße Montenegros - zur Grenzstation hinter Bojovići; die Beamten haben uns von einer Weiterfahrt nach Shkodër in Albanien wegen der dort herrschenden schlechten Straßenverhältnisse abgeraten, bis 2014 sollte aber laut Einheimischen diese kürzeste Verbindung zum Meer durchgehend asphaltiert seinKartediese Traumwiese hinter dem netten Restaurant in Skala war für drei Tage unser Basecampdie Karanfili-Runde von W, vom Gipfel des Maja Can; ausschlaggebend für die Wahl war der bis ins Tal reichende Lawinenkegel und die nur relativ kurze Unterbrechung (Steiglein) in der Krošnjabeim ersten Licht geht's durch den Bach, Schi am Rücken, Schuhe in der Hand, Socken in der Tasche; Flussüberquerungen (oder gar Seetümpeln - s. Archiv Schitouren Planinica!) sind am Balkan an der Tagesordnungder Aufstieg durchs Lubokuć-Kar; namenlos seine beiden Wächterein schmales Band leitet zur einzigen Unterbrechungsstelle, ausgesetzt, aber markiert und gut begehbarnach dem Laubwald betritt man den unteren Karbodenauch das schöne Nachbarkar macht neugierigauf der breiten Rampe rechts geht's weiter hinauf ...... zur Karschwelle, von der wir ...... den weiteren Anstieg zum Gipfel gut überblicken könnender Sattel zwischen unserem Gipfel und den Felsaufbauten der Karanfil Ljuljaševića (im Bild)durch eine Scharte im Südgrat erspäht man den Maja Rosit, einen der höchsten Berge des Prokletijeam Gipfel heftige Graupelschauer, die uns in weiterer Folge ans Meer hinausjagen werden; links Maja Rosit, rechts in den Wolken Maja Jezerces, der höchste Berg Albaniensim WSW wird es wieder etwas heller; tief unten der Felsklotz des Maja Can, den wir gestern bestiegen haben, der geschwungene Pfeil deutet den Übergang in die Krošnja anAbfahrt zurück zur Karschwelle, ...... wo wir entweder auf direktem Weg zurück ins Tal schwingen ...... - teils steile Rinnen bis gegen 40° in fantastischem Firngleich drei Hauptrinnen stehen zur Auswahl; hier die nördlichsteam besten früh genug in die zentrale oder die südliche (Aufstiegsspur) zurückqueren, da der untere Teil der nördlichen Rinne etwas verwachsen istOder die Tour fortsetzen und von der Karschwelle auf der breiten Rampe gegen SSO aufsteigenman gelangt auf eine flache Terrasse; links Karanfil LjuljaševićaBlick von oben auf die flache Terrasse am Fuß der Schartezuletzt ein kurzer Hang hinauf zur Schartedas letzte Stück ziemlich steilRückblick aus der Scharte auf die kleine Terrasse, der Grat überrascht durch seine Schärfe und Expositionauf der Schneide der filigranen Türme ist man mit Schi kurz einmal komplett fehl am Platzstaunend, aber vorsichtig drehen wir uns nach der anderen Seite; im S der Sjeverni vrh, 2460 mjenseits entweder links über ein steiles Band abklettern oder besser von einem der Zacken 30 m zum Schnee abseilenauf den obersten Karmulden der Krošnja weit links ausholend ...... das fantastische, schlanke Kar hinunter bis in den Talgrund

Weitere Erkundungen, etwa die einer leichteren Traverse weiter oben in die Krošnja hinüber, hat für diesmal leider der Wetterwechsel sabotiert. Unglaublich verlockend sind auch die weiten Firnkare unter den dolomitenhaften Felsgipfeln über dem Talschluss, welche schon auf albanischem Boden stehen. Und wer auf die höchsten und namhaftesten Gipfel des Prokletije will (Montenegro: Zla Kolata, Albanien: Maja Jezerces), braucht nur ins Nachbartal zu wechseln ...
(06.05.2013)

Allgemeine Reise-Infos sowie Links zu weiteren Touren in Montenegro findet ihr zu Beginn bzw. am Ende unserer Wanderungen auf den Ćurovac und die 3-Seen-Runde am Durmitor.

Karte: Prokletije, Wander- und Radkarte 1:50.000, erhältlich vor Ort oder z. B. bei Freytag&Berndt, Wien.

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