Dorsale del Drago, ca. 680 m, Überschreitung, 3 - Monte Acci, 825 m
Ronjas Erstbegehungs-Premiere am Drachenrücken.
Sizilianische Nordküste, Zingaro-Naturpark, San Vito lo Capo, Italien. Aufstieg 500-700 Hm, davon Zustieg knapp 200 Hm + 200-300 Hm Kletterei (bedingt durch die Grattürme); Monte Acci zusätzlich 200 Hm.
P an der Rechtskehre der asphaltierten, aber extrem steilen Zufahrtsstraße zum Torre Radio Nord osö. oberhalb von Macari, auf 300 m Seehöhe - am Wanderweg Richtung Passo del Lupo nach ca. 100 Hm links ab - schwache Steigspuren quer links hinauf durch die Schwachstelle der Felsen am Gratbeginn (Leitungsmasten) - 100 m oberhalb durch die Zaunlücke - 40 m darüber der Einstieg - Überschreitung Drachenrücken - dahinter kleines Wiesenplateau mit gemauerter Hütte - wahlweise anschließend die Acci-Runde (Aufstieg O-Grat, wenige Stellen I - Abstieg W-Grat/SW-Flanke) oder gleich Abstieg nach S ins Hochtal mit Rückweg am markierten Steig.
Vor zwei Jahren ist uns bei der Überschreitung des Zingarokammes - einer Reihe formschöner Felshörner zwischen Castellammare- und Còfanogolf im äußersten Nordwesten Siziliens - ein verlockendes Klettergerüst ins Auge gesprungen. Eine verwitterte Holztafel hat uns seinen Namen verraten: Dorsale del Drago, also Drachenrücken. Das leicht gekrümmte, etwa 600 m lange Untier hält sich keineswegs an die Hausordnung, es legt sich vielmehr quer über den Hauptkamm, reckt seinen lang gestreckten, eher flacheren Kopf gegen Macari und das feine Camp El Bahira hinunter, während sein gezackter Schwanz nach Osten Richtung Palermo hin in einer sanften Wiese ausläuft.
Für uns hat das Vieh gleich freundliche Nasenlöcher gemacht: Die ausgewetterten zwei Dutzend Türme (vorzügliche Felsqualität, keine Vegetationsprobleme) kann man meist nach Lust und Laune direkt überklettern oder streckenweise umgehen, wenn man sich schärfere Kletterei und allzu viele Abseilmanöver in die 15 - 25 m tiefen Scharten ersparen möchte. Als Schnupper-Erstbegehung für Ronja eignet sich die Dorsale vorzüglich: Mit unserem 60-m-Doppelseil können wir uns im Bedarfsfall jederzeit problemlos auf die umliegenden Wiesen ablassen. Das leicht alpine Flair - alles ist selbst abzusichern - kann man also notfalls in Minutenschnelle hinter sich lassen. Weil die gesamte direkte Schneide für unsere Siebenjährige zu lang wäre, wählen wir drei, vier Umgehungen und klettern so kaum über den 3. Grad hinaus. Zwei ausgesetzte Schartenabstiege können gut von oben gesichert werden.
Dass wir tatsächlich die Ersten sind, ist gut möglich: Das Klettervolk tummelt sich vorzüglich an den unzähligen, leicht erreichbaren und bestens abgesicherten Routen in Küstennähe. Niemand scheint vom Drachenrücken zu wissen, auch im Internet ist nichts zu finden. Er springt von unten kaum ins Auge, ist nur eine von vielen verlockenden Strukturen - wenngleich für uns eindeutig die fabelhafteste - unter den Kanten und Graten der traumhaften Umgebung.
Da wir vor zwei Jahren bei der Zingaro-Überschreitung den Monte Acci aus Zeitgründen auslassen mussten, wird das Versäumnis jetzt noch schnell nachgeholt. Ein großartiger Aussichtsberg mit sehr unterhaltsamem Ostgrat. Getrübt wird das Erlebnis am Acci lediglich von den massiven Resten des vor sich hingammelnden Stacheldrahtzaunes entlang des Abstiegs am Westgrat.
Literatur: Sänger/Gahr: Sizilien mit Liparischen Inseln. München: Rother Wanderführer 2016 (nur für die Wanderberge der Umgebung).
Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.