Mount Kinabalu, 4095 m
Auf dem „höchsten Berg SO-Asiens“.
Kota Kinabalu, Sabah, Borneo, Malaysia. Aufstieg ohne Nebengipfel 2300 Hm.
Von Kota Kinabalu mit Bus oder Mietwagen hinauf zum Nationalpark-Center (interessantes Dschungelwegenetz, Übernachtung in Bungalows) - Powerstation, 1829 m - Laban Rata Hütte, 3353 m (üblicherweise Nächtigung) - Sayat Sayat Biwak, 3810 m - Gipfelplateau und S-Flanke auf den Lows Peak.
Viele der reiferen Alpinsemester kommen irgendwann zu dem Schluss, dass die schönsten Berge bei uns daheim stehen; so nach dem Motto „warum Kanada, wenn Osttirol vor der Haustür liegt!“ -
Über alles kann man diskutieren, auch darüber ob der Mount Kinabalu auf Borneo nun der höchste Berg Südostasiens ist oder nicht. Was Schulbuch-Traditionalisten immer noch steif und fest behaupten, wird beispielsweise von Geologen vehement bestritten, weil für sie das Massiv eigentlich zur australischen Platte gehört. Die Adrenalin-Ausschüttung beim Anblick des Kinabalu bringt in uns jedenfalls jede Polemik zum Schweigen, er gehört unbestreitbar zu den schönsten Bergen auf dieser Seite der Welt, voller überraschender Kontraste, noch abwechslungsreicher als etwa der japanische Fuji oder der Yü-shan auf Taiwan. Derart vielfältige Vegetationszonen durchläuft man zwar auch auf anderen Tropenbergen, die unvergesslichen Farben beim Austritt aus den rot blühenden Rhododendronwäldern auf die schwarzgrauen Granitplattenfluchten mit ihren aufgesetzten Fantasiezacken bleiben allerdings ein Leben lang unvergesslich.
Nach der Erwanderung zweier Dschungelberge im benachbarten Brunei, auf Bukit Sarang Helang und Bukit Patoi, müssen wir endlich diesen Traumberg aus der Schublade holen. Seit 1992 hat sich dort einiges geändert, so sind wir damals Anfang April gleich zweimal hintereinander allein am Gipfel gestanden, wo sich heute im Tagesschnitt um die hundert Leute tummeln.
Eine Warnung vorweg: Es kann nicht schaden, ein paar Reservetage für den Gipfel einzuplanen, ansonsten stehen die Chancen gut für eine nasskalte, „aussichtslose“ Exkursion. Ein bisschen Glück gehört dazu.
Um 8:00 Uhr brechen wir bei strömendem Regen von der Powerstation auf, dank unseres flotten Schrittes „entlässt“ uns der obligatorische Führer bei der Laban Rata Hütte - auch heute noch verbringen die einheimischen Guides mit oft nur geringen Englisch-Kenntnissen ihre Freizeit meist lieber mit den Kollegen auf der beheizten Hütte mit kantinenartigem Restaurant. Auf dem Weg dorthin immer wieder Trinkwasser und Unterstände. Alle entgegenkommenden Bergsteiger berichten von zweitägigem Regen und Nebel, unter der Sayat Sayat Biwakschachtel, 3810 m, kommt aber prompt die Sonne durch. Wir können unser Glück nicht fassen, erklettern - entgegen den Nationalparkbestimmungen - führerlos den kecken Kinabalu South, 3933 m, über seine plattige NW-Wand (Reibungskletterei, 3+) und steigen anschließend über den Normalweg (Seilsicherungen und 1+) bei fantastischem Wetter mit tollen Wolkenformationen zum Hauptgipfel, dem Lows Peak. Die Biwakschachtel haben wir in der Nacht für uns.
Um 04:30 weckt uns der Führer, in gebührendem Abstand zur heranrückenden Lichterkolonne laufen wir abermals zum Gipfel; da wir den Weg schon kennen, genügt uns der Sternenhimmel. Der Sonnenaufgang taucht die surreale Gipfelszenerie in unwirkliches Licht. Beim Abstieg nehmen wir noch den 4032 m hohen Ugly Sister Peak mit. Ab Erreichen der Vegetationsgrenze tauchen wir wieder in die feuchte Regen-Nebel-Suppe ein, um 09:45 Uhr sind wir unten beim Headquarter.
Klettersteiggeher lockt seit 2009 eine Via Ferrata rund um den Lows Peak, für Kletterer wachsen zahlreiche Granittürme zwischen 100 und 200 m Höhe aus den eiszeitlichen Gletscherschliffen, im nordseitigen Lows-gully findet man Wandhöhen bis 800 m; es existieren erst eine Handvoll Routen, Potenzial gibt es für Hunderte. Für nähere Infos und Reservierungen auf der Gurkha Hut am Western Plateau (Anlaufstelle für Kletterer, Tourenbuch) unbedingt Kontaktaufnahme mit dem Nationalpark-Service.
Natürlich sollte man nach Borneo nicht nur allein wegen des Berges reisen; die Fotos am Ende wecken vielleicht die Neugierde auf ein paar außeralpine Abenteuer.