Hochgang, 1945 m. N-Wand „Gordis Magic Line“, 6
Felsabenteuer überm Weittal.
Hochschwab, Salzatal, Gschöder, Steiermark. Zustieg 750 Hm + 15 Seillängen (550 Hm).
P Kanlergrabenbrücke, Salzatalbundesstraße zwischen Wildalpen und Weichselboden - Forststraße und Jagdsteig Kanlergraben - Weittal - N-Wand auf den Hochgang Hauptgipfel - Abstieg S-Flanke in den Kellerbrunn - Weittal (zwei Steilstufen abzuklettern, 2) - Kanlergraben.
Die beträchtlichen Nordabstürze des Hochschwab zum entlegenen Salzatal sind vom Ufer dieses großartigen, besonders bei Kanuten beliebten Wildflusses kaum zu erahnen. Verwinkelte Gräben und schwer zu ersteigende Felsaufbauten wie Mieskogel oder Gamsmutter schirmen den Blick auf die dahinter liegenden hohen, kompakten Wände des Hochgang ab. Beim Zustieg durch den Kanlergraben hat man das Gefühl, auf dem Weg hinter die Sieben Berge zu sein; der uralte Jagdsteig wird durch die „Magic Line“ jedoch wieder aus seinem Dornröschenschlaf geküsst. Aus dem überraschend wildromantischen Weittal schlüpft man dann endlich auf einer Schrofenrampe durchs letzte Bollwerk schräg rechts auf eine bewachsene Schulter; von dort nicht weiter die Wildspuren hinauf (die führen zu den älteren Nordwandrouten), sondern kurz absteigen und horizontal geschätzte 100 m weiterqueren zum Einstieg unter den weitläufigen Plattenschüssen.
Zu Beginn wähnt man sich in einer Plaisirroute, ab der 8. Seillänge muss man fester zupacken und die Hakenabstände erscheinen gleich weiter. Die 10. und 11. Seillänge bilden das Glanzstück der Route in perfekten, kompakten Wasserrillen, ab dem Buchstand (Routenbuch leider total durchweicht) verlieren sich die restlichen beiden kurzen Längen etwas in beliebigem Gelände. Wir wollten in die Sonne und sind kurz nach dem Stand rechts über die niedrigste Stelle des Wandgürtels (wenige Meter 3) hinaus auf die Schrofen und hinter dem Latschenkamm über die flache Wiese zum kleinen Gipfelkreuz.
Wer den Abstieg noch nicht kennt, dem steht noch eine zusätzliche Überraschung bevor: Das Weittal zählt sicher zu den landschaftlich wildesten Schläuchen nicht nur im Hochschwab. Über unglaubliche Schottermassen zwischen senkrechten Türmen und Wänden gelangen wir schnell tiefer, die beiden seilfreien Unterbrechungsstellen können manchem Plaisirkletterer on sight das Gruseln lehren - dass es hier noch keine Abseilhaken gibt, würzt das Unternehmen mit einer zusätzlichen Dimension. Insgesamt ein herrliches Hochschwab-Abenteuer für Individualisten.
Im Antengraben gleich ums Eck steht der Glückspilz am Schönberg.
Literatur: Gumpold/Leitinger/Behm: Hochschwab Kletterführer. Ausgewählte Kletterrouten und Klettergärten im steirischen Gebirg'; deutsch und englisch. Markt Piesting: Verlag Kletterführer Hochschwab GesbR, 2020, www.hochschwab.org
für die klassischen Touren in der Nachbarschaft: Auferbauer: AV-Führer Hochschwab. München: Rother.