Sportklettern im Land der Schwarzen Berge
Anders als in Kroatien steckt das Felsklettern in Montenegro 2013 noch in den Kinderschuhen, ebenso wie das Schitourengehen. Während man im Nachbarland bereits an die 80 Klettergebiete findet, sind wir auf unserer Crna Gora Rundreise gerade einmal auf zwei, drei eingerichtete Bereiche mit zusammen nicht einmal einem Dutzend Sektoren gestoßen. Das liegt nicht an mangelnden Ressourcen - das ganze Land ist gespickt mit interessanten Felsen, viele mit Klettergartenflair, aber auch große Alpintouren mit ausgeprägtem Abenteuercharakter warten auf Erschließung - in den unzähligen Schluchten und besonders im Prokletije-Gebirge im SO des Landes (die höchste Wand hier und auf dem Balkan überhaupt, die 1000-m-Bigwall des Arapi, befindet sich allerdings in Albanien, nur wenige Kilometer hinter der Grenze).
Im Frühjahr 2008 hat ein deutsches Team mit Hilfe von Fördergeldern an etlichen Felsen im Raum Gusinje (Prokletije) an die 70 Routen eingebohrt, die Österreicher sind daraufhin knapp 5 km onö. von Kolašin mit zwei schönen Sektoren (30 Routen) nachgezogen. Laut einer Infotafel vor Ort existiert auch am Durmitor ein Klettergarten, in einer Seitenschlucht am Mühlbach-Wanderweg vom Schwarzen See (Crno jezero) zum Schlangensee (Zminje jezero).
Die Montenegriner sind ein unglaublich nettes, hilfsbereites und gastfreundliches Volk und mittlerweile auch stolz darauf, dass all diese Mitteleuropäer Bosnien und Serbien links liegen lassen und in immer größerer Zahl in ihr Land pilgern. Dennoch hat man insgesamt den Eindruck, dass viele von ihnen noch nicht richtig umzugehen verstehen mit dem Segen und den Gefahren des aufkommenden Tourismus. Da findet man einen umgeschlagenen Zwischenhaken über dem Einstieg, dort ist der Zugang zu einem mühsam errichteten und durchaus lohnenden Sektor längst wieder verwachsen; hier ganze Wälder von gelben Wanderwegtafeln, finanziert von der internationalen Entwicklungszusammenarbeit - immer wieder machen wir die Erfahrung, dass viele derart bezeichnete Wege gar nicht existieren, nach dem Motto: „Die restlichen machen wir dann auch noch irgendwann!“ - dort hochmoderne, von der EU zur Verfügung gestellte Müllwägen (die bei vielen Touristen aus den Nachbarländern, besonders bei Serben und Russen, aber auch Einheimischen noch weit verbreitete Gewohnheit der Entsorgung an Ort und Stelle ist vielleicht das einzige wirkliche Ärgernis einer Montenegroreise), sündteure Hightech-Monster, an denen sich eine Gruppe von Männern abmüht, über angelegte Bretter völlig veraltete Müllcontainer emporzuwuchten ...
Aber macht euch am besten selbst ein Bild von der Situation und kommt mit uns in die Klettergärten um Gusinje und Kolašin.
Fazit: Reine Hardmover mögen zurzeit von einer Kletterreise nach Montenegro vielleicht noch enttäuscht zurückkehren (Ausnahme: Sie kommen beruflich nach Podgorica, haben ein, zwei Tage Zeit, fahren auf der tollsten Bahnstrecke Europas durch die Morača-Schlucht nach Kolašin und mit dem Taxi zum Klettergarten - das zahlt sich auf alle Fälle aus!). Bei allen anderen Natursportarten ist man schon jetzt absolut an der richtigen Adresse, zwischendurch immer wieder ein paar Stunden im Klettergarten bringen eine tolle Abwechslung. Und wer weiß, mancher wird davon so begeistert sein, dass er mit der Bohrmaschine wiederkommt.
(05.2013)
Allgemeine Reise-Infos sowie Links zu unseren Berg- und Schitouren in Montenegro findet ihr zu Beginn bzw. am Ende unserer Wanderungen auf den Ćurovac und die 3-Seen-Runde am Durmitor.
Topos Gusinje auf http://www.geoquest-verlag.de/sites/default/files/KFMontenegro_.pdf
Karte: Prokletije, Wander- und Radkarte 1:50.000, erhältlich vor Ort oder z. B. bei Freytag&Berndt, Wien