Hochschwab, 2277 m. Gschöderkar - Stadurzrinne
Filmreife Hochzeitsreise auf Steirisch.
Hochschwab, Steiermark. Aufstieg 2500 Hm.
Kläfferhütte (Salzatal B24 zwischen Gschöder und Weichselboden) – Kläffermauern-Jagdsteig – Gschöderkar (mittlerer Ast) – S-Flanke aufs Tremmleck – Am Tremml – Siebenbrunner Kogel – Schiestlhaus – Eismauer – Übernachtung am Schiestlhaus.
NO-Flanke Kleiner Schwab – Hochschwab – Fleischer Biwak – G’hacktkogel – Zagelkogel – Hochwart – Karlstein – Abfahrt W-Flanke zur Hochalm – Stadurzrinne zur Schüttbaueralm – Griesantenkar – Antengraben – Gschöder (gut 2 km westl. vom Ausgangspunkt).
Eine ungewöhnliche Hochschwab-Überschreitung, und nicht nur für heiratswillige Locals. –
Während die Schwaben-Sonnenseite eine ganze Reihe von bekannten, viel befahrenen Karen vorzuweisen hat, konzentrieren sich die meisten Besucher der abgelegeneren Nordseite lediglich auf Langeibelschlucht und Gschöderkar. Letzteres erreichen wir nicht wie üblich über die lange Forststraße von Weichselboden und die Edelbodenalm, sondern über ein in Vergessenheit geratenes und dem Verfall preisgegebenes Schmankerl – dem Kläffermauern-Jagdsteig, der nicht einmal im AV-Führer zu finden ist. Unsere Hochschwab-Spezialisten Chrissy und Thomas erklären ihn nach wenigen Minuten zum schönsten Aufstieg in diesem Gebirg. Zwar tragen wir die Schi 700 Höhenmeter bis zur Schneegrenze an den Ausläufern des Gschöderkares, recht viel abwechslungsreicher könnte es in dieser Höhenlage aber nicht sein: sattgrüne Vegetation über einem der schönsten Alpenflüsse, überragt von unerstiegenen Wänden und Türmen, beeindruckende Nahblicke auf Türnach und Riegerin.
Die einstmals in mühsamer Arbeit errichtete, bequeme Steigtrasse von der Breite eines Radwegs ist weitgehend erhalten geblieben, im Lauf der Jahrzehnte aber auch an etlichen Stellen zerstört worden. Niemand ist heutzutage mehr bereit, die notwendige exzessive Arbeitskraft zur Behebung der Schäden aufzubringen. Hier das Rezept zur Vermeidung eventuell langwieriger Suchationen.
Bei der ersten Schluchtquerung, ca. 860 m, ist die Fortsetzung vom diesseitigen Abriss aus kaum zu erkennen, sie findet sich am Waldsporn gegenüber etwa 20 Hm oberhalb. – Bei der zweiten Rinne (jenseits begrenzt von breiter Felswand) auf der Westseite bleiben, hier streckenweise nur steile Steigspuren in den Schrofen, dafür aber immer mehr Markierungspunkte und Steinmänner. - Vor dem Erreichen des kleinen Jagdhauses eine weitläufige Querung nach Osten, die sich in drei Rinnen gliedern lässt: erst Reste alter, abgebrochener Eisenstifte; an der zweiten Rinne Randkluft und Reste alter Drähte; jenseits der dritten, breitesten Rinne nur kurz aufwärts und sogleich horizontal weiterqueren gegen die Felswand, wo treppenartige Bänder mühelos aus den Abstürzen leiten. Oberhalb des so erreichten Jagdhauses problemlos, meist flach weiterqueren, um den vom Tremmleck abfallenden Waldsporn herum (schöner Blick auf die Edelbodenalm), weiter leicht fallend zu den Ausläufern des Gschöderkares und damit zum Schnee.
Das Kar selbst bietet perfektes Schigelände und ist meist gespurt, der kleine Umweg übers Tremmleck wird mit weiteren schönen Ausblicken belohnt (etwa auf die rassigen Geheimabfahrten des Hochstadl), ebenso wie die paar Schritte vom Schiestlhaus auf den Gipfel der Eismauer. Die neue „Hütte“ in Passivbauweise beeindruckt gleichermaßen durch angepasste Architektur, Funktionalität und Komfort. Wir sind die ersten Übernachtungsgäste der Saison.
Im ersten Licht des neuen Tages folgen wir Chrissy und Tomas mit unserem erweiterten Equipment hinauf zur Gipfelwechte des Schwaben. Das Licht ist unbeschreiblich, wegen sturmartiger Böen und beißender Kälte trennen sich die beiden am Gipfelkreuz selbst für den Ringtausch nur ungern kurz von ihren Handschuhen.
Beim Interview im Fleischerbiwak hingegen frieren die Küsse nicht mehr ein. Während der gemütlichen Höhenwanderung über die zentralen Plateaugipfel legt sich der Wind mehr und mehr, und nach der reizvollen Abfahrt vom Karlstein zur Hochalm kehrt endgültig der Frühling ein, in der Natur und in den Gemütern der Protagonisten. Die freundliche Maisonne hat einen grünen Ring um die kleine Almhütte mit ihrer winzigen Terrasse ausgeapert und bescheint die letzte Rast vor der endgültigen Abfahrt durch die rassige Stadurzrinne.
Ein kontrastreicher Bilderbogen spannt sich vom grünen Salzatal über die beeindruckende Schönberg Südwand mit dem Glückspilz, einer relativ jungen Kletterroute, bis herüber zu den letzten Schneezungen. Vor einem Jahr waren wir hier tatsächlich Glückspilze – weil wir nach der 5. Seillänge gerade früh genug den Rückzug angetreten haben, um der vollen Wucht eines Landregens in der abgelegenen Wand über dem Griesantenkar zu entgehen. Nur eine unserer vielen Geschichten aus dem Salzatal …
Wer hat jetzt Lust aufs volle Programm bekommen? 13 Jahre später haben wir uns über die Hochschwab-Gesamtüberschreitung vom Seeberg nach Eisenerz gemacht,
Christine und Thomas wollen in drei Monaten heiraten, sie haben uns um einen musikalischen und einen filmischen Beitrag gebeten. Da sie seit drei Jahren im Schitourengehen ihre persönliche Königsdisziplin gefunden haben, wollten wir dem „Hochzeitsfilm“ aus dieser Sicht eine vernünftige Rahmenhandlung geben. Noch dazu hat Thomas seine Chrissy vor sechs Monaten am Gipfel ihres Lieblings-/Hausberges klammheimlich mit der Verlobung überrascht. Da war es naheliegend, als Morgengabe eine selbst für Hochschwabkenner ungewöhnliche Route in diesem außerordentlich reizvollen Plateaugebirge beizusteuern. Unser Film Christine und Thomas. Gemeinsame Wege wurde September 2008 fertiggestellt.
(11.-12.05.2008)
Literatur: Horn: Schitouren im Hochschwab. Linz: Oberösterreichischer Landesverlag 1984.
Schall: Genuss-Schitourenatlas Österreich Ost. Wien: Schall.
Auferbauer: Schitourenparadies Steiermark. Graz: Styria 1997.
Auferbauer: Alpenvereinsführer Hochschwab. München: Rother 1990.