Warscheneck, 2388 m

Über Windhagerkar, Lagelsberg und Arbesboden.

Totes Gebirge, Roßleithen, Oberösterreich. Aufstieg 1600 Hm.

P Brunnstein, ca. 3 km sw. von Roßleithen über Güterweg Walchegg - Forststraße über dem Windhagersee hinauf ins Kar - SO-Rinne Lagelsberg - Arbesboden - N-Kamm Warscheneck.

ÜbersichtKarteWarscheneck von NORonja sortiert die Ausrüstung

Das Warscheneck macht in bildhafter Weise deutlich, welch Veränderungen während der kurzen Zeit eines halben Menschenlebens um uns herum und mit uns geschehen. Als Erich 1966 zum ersten Mal von der Dümler Hütte aus über den Toten Mann stiefelt und gut 200 Hm unterm Hauptgipfel voll motiviert die ersten leichten Kletterstellen seines Lebens in Angriff nehmen will, wird er gnadenlos fürsorglich zurückgepfiffen: Ein Teil der Gruppe hat weiche Knie bekommen, und dann kann man ja so was nicht machen wegen der Kinder ... - Selbst ein halbes Jahrhundert und Tausende Gipfel später ist die grenzenlose Enttäuschung von damals noch nicht ganz vergessen.
Ein paar Jahre danach turnt Erich mit Schulkollegen und ersten Freundinnen wiederholt über den SO-Grat, damals noch im Urzustand ohne Frauenkarlift, ein romantischer, einsamer Felsgang. Mittlerweile laufen dank Klettersteig an manchen Tagen Dutzende von hellauf Begeisterten über den First. In der Südwand gleich daneben findet man nach wie vor das einsame Abenteuer, sie ist mittlerweile völlig in Vergessenheit geraten. Was ist gut, was ist böse? Was wiegt mehr: Ruhe und Ursprünglichkeit für wenige Individualisten oder schnelle Gaudi für Tausende? - Schwamm drüber, noch ist Platz für alle da, liebe deinen Nächsten.
Kaum 20 Jahre später ist eine großräumige Schischaukel zwischen Pyhrnpass und Hinterstoder im Gespräch, mit ein paar Meter Drahtseil ist es da nicht mehr getan. Hoppla, wie geht's weiter, wenn unsere geliebten Nächsten ihre Nächsten nicht mehr wahrnehmen? Aber Schwamm drüber, einmal geht's immer noch:

... und dann hätten wir da noch den ultimativen Europa-Schigroßraum Tauplitz-Hinterstoder im Safe, für die Umwelt völlig unbedenklich - weil die Eiszeit hat an der Landschaft ja eigentlich wesentlich mehr herumgehunzt, als unsere Bagger das je könnten. Ein Superprojekt, gefördert mit EU-Geldern, including Panoramagondeln durchs schöne Sigistal und einem GSR (GourmetSkyRest) auf dem Grand Tragl Summit Plateau, ist eh so viel Platz da oben, lauter totes Kapital, wir erwecken es zum Leben, kreatives Optimieren, was zählt, sind die Menschen, für die Zukunft unserer Kinder ...

Bevor es so weit gekommen ist, hättet ihr schnell noch einen nostalgischen Blick auf unseren unüblichen und inhomogenen, dafür aber höchst abwechslungsreichen Nordaufstieg zum Warscheneck werfen können. Der untere Teil vom ehemals stillen Seeauge (heute betonierter Wasserspeicher für die Beschneiungsanlage) über die lichten Lärchenhänge hinauf in die unglaublich intime Karwanne (deren etwas zu zartes Echo wir mittels australischer Akustiker und etlichen zehntausend Watt auf Vordermann gebracht haben - jedes Wochenende original volkstümliches Alphorn-Surroundgedudel!) bis zum Fuß der Lagelsbergrinne wurde meist als Tour für sich unternommen, war aber seit der Publikation im Führer ohnehin kein Einheimischen-Geheimtipp mehr. Die Rinne hinauf zum Lagelsberg, einstmals das sausteile Nadelöhr der Tour, wurde locker durch eine Stollenbahn mit neuester Brandschutztechnologie entschärft; wie viele Menschenleben dadurch schon gerettet werden konnten, lässt sich gar nicht abschätzen. Der lange Rest über die plateauartige Riesenrampe des Arbesboden war früher ohnehin den meisten zu fad und zu mühsam - heute lockt dank unserer multimedia-laser-event-zones grenzenloser family-carving-fun hoch über den Loigistälern (komisch, dass die schon zu Anbeginn des Schilaufs fully accepted waren, so ganz ohne Infrastruktur; irgendwie seltsam, unsere Vorfahren).

Blick übers Garstnertal aufs Sengsengebirgeüber dem Windhagersee erhebt sich der Prielkamm von der Spitzmauer (links) bis zum Kl. Prielgleich hinterm Ende der Forststraße auf ca. 1200 m beginnt der Schneedie Wechte an der Schwelle zum WindhagerkarRonja hat sich in ihrem Nest zum Vormittagsschlaf eingeringeltBlick von der Schwelle ins versteckte Karganz oben im hintesten Karwinkel zieht verdeckt ...... nach rechts die steile Rinne zum Lagelsberg hinaufdas weite Gipfelplateau (Arbesboden) ist erreicht, die flache Kuppe des Lagelsberg vor dem wolkenverhangenen Prielkamm; links hinunter geht's zur Zellerhütteim W verstecken sich mehrere attraktive Tourenabfahrten bis hin zum Schigebiet oberhalb von Hinterstoderes zieht immer mehr zu; vom Nordkamm erhaschen wir gerade noch den Blick hinunter aufs Schigebiet Wurzeralmder Gipfel ist nicht mehr weit; rechts der Westgipfel (Liezener)am Gipfel zeigt sich leider nur mehr ein schmales Spektrum der sonst so grandiosen Aussichtdas Eiserne Bergl und der Angerkogel im SSWdie Nebengipfel Liezener und Rossarsch im Wbei Nebel kann auch auf der harmlosen Nordflanke die Orientierung zum Problem werdendie Einfahrt zur Rinne ist wiedergefundenjust an der steilsten Stelle geht ein heftiger Graupelschauer niederdie Mädchen suchen schon das Weite, ...... aber je näher wir dem Tal kommen, desto schöner wird das Wetter wieder

Ronja hat damals am Fuß der Rinne übrigens nicht protestiert, als sie mit Mama im Kar bleiben musste, dafür aber unten auf der Forststraße, weil der Schnee aus war und Schluss mit unserem ganz privaten family-carving ...
(04.05.2012)

Literatur:  Stoderegger/Zehetner: Schitourenführer Region Pyhrn-Priel. Vöcklabruck: Kilian 2009.

Weitere Schitouren im Toten Gebirge auf nature-classic, teilweise mit Videos (Nordabfahrten-Filmmonografie):

Brieglersberg - Kraxenberg
Feigentalhimmel
Feuertalberg - Dietlhölle

Grünberg - Rinnerkogel
Hirscheck

Mittagkogel, Gimbachflanke
Petergupf
Tamberg
Tragl, Großes - Geisterwaldabfahrt
Weißhorn - Rosskogel

sowie die Gesamtüberschreitung Pyhrnpass - Bad Ischl

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