Lienzer Dolomiten. Bizarrer Schlauch zwischen Keil- und Sandspitze.
Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Lienz/Tristach, Osttirol. Aufstieg je nach Wahl des Ausgangs- und Umkehrpunkts 1000 – 2100 Hm (Maximalrunde ab Kreithof über Schartenschartl und Zellinschartl, s. Karte).
P1 Kreithof, 1047 m, am Beginn der Mautstraße, Parkgebühr.
P2 (für die vorliegende Tour) Mautstraße nach der ersten Kehre auf ca. 1200 m oberhalb der Forstwegeinmündung.
P3 Lienzer Dolomitenhütte, 1610 m, für die Runde übers Schartenschartl (Vorsicht, wilde Einfahrt, Fixseil!). -
P2 – Forststraßen Lavanter Alpl/Auerlinggraben – Steinkar. Der oberste flache Karboden liegt auf etwa 2200 m, der Wandfuß des abschließenden Schartenkamms bei 2400 m, das Schartenschartl auf 2575 m.
Die großen Nordkare oberhalb von Lienz ergeben für passionierte Tourengeher eine beispiellose Abenteuer-Trilogie. Wenn die freundliche, weltoffene Laserz neben den beiden großartigen Standardzielen Ödkar/Mohammedanerkar noch fast ein Dutzend kleinerer, teilweise sehr kantiger Juwelen bereithält, so führen die beiden anderen Wahnsinnströge ein vergleichsweise eremitisches Dasein. Kundige Blicke aus dem Lienzer Talboden bleiben zwar schnell einmal daran hängen, das Fehlen offizieller Auffahrtsmöglichkeiten und die teilweise abenteuerlich verwachsenen Zustiege schaffen jedoch ein feines Sieb für etwaige Aspiranten.
Für die fantastische Arlingriese startet man ganz unten am Drauufer, wenn man nicht die Ausaperung des Stadtwegs abwarten möchte und sich viele hundert Höhenmeter mit dem E-Bike erschummelt. Steht man dann allerdings am Beginn der Ries, wird kein einziger Schweißtropfen mehr bereut: Inmitten dramatischer Felskulissen empfinden wir ein Gefühl ungeheurer Einsamkeit, obwohl wir mit einer Körperdrehung jederzeit die Stadt Lienz vor Augen haben könnten. Oben am vermeintlichen Scheitelpunkt ist das Abenteuer immer noch nicht vorbei: Wie ein Wurmfortsatz zieht ein verborgener, enger Schlund noch weiter hinauf in Aladins Schatzkammer.
Das Lavanter Steinkar entpuppt sich fast noch enger, steiler, entrückter. Üblicherweise wird es von oben angegangen, das heißt über Dolomiten- und Karlsbader Hütte aufs Schartenschartl und über eine Steilrinne (Fixseil!) hinab in den obersten Karboden. Diesen Winter gab‘s wenig Schnee, deswegen wollen wir die Verhältnisse von unten erkunden. Den Zustieg nimmt man jetzt am besten über den relativ freien Sporn ab Auerlinggraben-Forststraße bei ca. 1520 m bis hinauf zum ehemaligen Eremitensteig. Den ersten, steilsten Rinnenteil am Fuß der Wände tragen wir die Schi unter den unglaublichen Felsgebilden von Stadeltor- und Steinkarturm auf der einen sowie Keilturm und Konsorten auf der anderen Seite. Dann weiten sich die Hänge, der flache, hochromantische Boden in der obersten Etage zwischen Sandspitzen und Keilspitze ist endlich von der Sonne beschienen.
Literatur: Gaisbacher/Haberl/Grüner: Skitourenführer Lienzer Dolomiten. Lienz: TVB Osttirol.
Für Kletterer: Messini: Osttirol. Alpinklettern, Klettergärten und Klettersteige. Mailand: Edizioni Versante Sud 2018.
Peterka/End: Alpenvereinsführer Lienzer Dolomiten. München: Rother 1984. Vergriffener Klassiker, manchmal noch antiquarisch zu bekommen.