Friaul - Julisch Venetien.
Klettergärten im Einzugsbereich des Tagliamento.
Julische und Karnische Voralpen, Friuli–Venezia Giulia, Italien.
In diesem attraktiven, relativ unbekannten Teil der Kalkalpen in der nordöstlichen Ecke Italiens gibt es viel zu entdecken. Die Klettergärten sind reichlich gesät, immer wieder werden neue Gebiete erschlossen bzw. klassische saniert. Die deutschsprachige Literatur deckt bei Weitem nicht alle Bereiche ab, und wenn ein neuer Führer auf den Markt kommt, ist er bei seinem Erscheinen meist schon wieder überholt. Wer kennt schon den Passo di Tanamea (wer sich hierher verirrt hat, darf sich keinesfalls die Klettergärten im nahen Sočatal entgehen lassen!) oder die Forcella di Monte Rest? Auf einem Klettertrip durch diese Region wird kein Tag wie der andere sein: Lieblingspizzeria entdecken, Leute kennenlernen, sich umhören, klettern an schattigen Konglomeratwänden (Somplago oder Ponte San Quirino) oder über dem Campanile eines Domes (Gemona), an verlockenden Sintergebilden (Masarach/Anduins) oder im Märchenwald von Bosplans. Die beliebten Kletterfelsen im Val Colvera (Maniago) sind zurzeit (2016) gesperrt, dafür sind jene des nur gut 20 km weiter sö. gelegenen Dardago aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Das Cellinatal führt uns wieder tiefer hinein in eine fantastische Gebirgslandschaft bis hinauf nach Erto. Unser Streifzug bewegt sich also eher am Südrand des Gebirges, von der slowenischen Grenze bis hinüber zum Piavetal, und lässt die Mehrzahl der tatsächlich vorhandenen Klettergebiete unerwähnt.
Die Klettergärten um Triest gehören zwar ebenfalls zu Friuli–Venezia Giulia, werden aber in einem eigenen Beitrag vorgestellt.
Schließlich noch ein Tipp für Unentwegte, deren Finger einmal einen halben Tag Erholung brauchen: Tief unter den Kletterfelsen von Masarach (Anduins) tritt der Arzino aus einer extremen Wildwasserschlucht ins hügelige Vorland aus. Wer es irgendwie geschafft hat, ohne Furcht und Adel seine Ufer zu erreichen, der kratze unbedingt noch die letzten Reste seines Überlebenswillens zusammen und spüre die alten Steigreste auf, die in die Schlucht hinein führen. Nicht allzu weit nach dem Tunnel (Taschenlampe hilfreich!) sollte man dann allerdings wieder Anschluss an die Zivilisation suchen - durch dichten Steildschungel weglos hinauf zu den Galerien der schmalen Straße. An deren Außenseite, am Rückweg zum Klettergarten, können sich zerkratzte Abenteurer zur rechten Jahreszeit an einer Unmenge Feigen und Brombeeren laben.
Literatur: Bucco: Sul Confine. Falesie del Friuli-Venezia Giulia e delle terre confinanti di Slovenia. Italienisch und Englisch. Milano: Versante Sud 2013.
Neumann: Arrampicare in Friuli – Klettern in Friaul. Schiefling am See: Edition Neumann.
Lexer/Liebl-Lind: Best of Karnische und Julische Alpen. Alpinklettern, Sportklettern & Bouldern. Köngen: Panico Alpinverlag 2020.
Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.